Für das türkische Massenblatt Hürriyet ist es ein Test, der "die Bräute zum Weinen bringt", für Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan eine "Menschenrechtsverletzung". Und auch Grüne und Linke halten ihn für Teufelszeug, der Familien "auseinanderreißt": der Deutschtest für ausländische Ehegatten, die nach Deutschland wollen.
Vergangene Woche stimmte dann auch noch der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof in die Kritik mit ein und erklärte, die Prüfungen verstießen gegen ein mehr als 40 Jahre altes Abkommen mit der Türkei und seien überhaupt unverhältnismäßig. Deutschlernen muss ein großes Drama sein, vor allem im Ausland.
Vor sieben Jahren hatte die damalige große Koalition die Sprachtests eingeführt, seitdem müssen ausländische Ehegatten von außerhalb der EU einfache Deutschkenntnisse nachweisen, bevor sie zum Partner in die Bundesrepublik ziehen dürfen. So wollte man Zwangsehen verhindern und die Integration von Anfang an fördern. Die Kritik an den Tests flammt immer wieder auf, vor allem Deutsch-Türken sind betroffen, die Braut oder Bräutigam aus der Heimat holen wollen, aber auch Russen und Inder.
80 Prozent der Befragten halten den Sprachtest für sinnvoll
Doch was sagen eigentlich die betroffenen Ehefrauen und Ehemänner dazu? Dieser Frage sind Forscher am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in einer bisher unveröffentlichten Studie nachgegangen. Sie haben fast 2500 zugewanderte Partner befragt - mit einem erstaunlichen Ergebnis: Ein Drittel von ihnen empfindet die Sprachprüfung zwar als starke Belastung, doch gut 80 Prozent halten sie für sinnvoll. Unter denen, die tatsächlich den Test ablegen mussten und nicht unter eine der Ausnahmeregeln fielen, ist die Zustimmung mit fast 90 Prozent sogar noch höher. "Die Studie zeigt für mich, dass die Kritik an den Sprachtests offensichtlich an den Interessen der Betroffenen vorbeigeht", sagt der Präsident des Bundesamtes, Manfred Schmidt.
Wer sich die Tests ansieht, wundert sich ohnehin über die Empörung. Verlangt wird das niedrigste von sechs international festgelegten Sprachniveaus. Die Kandidaten müssen einfache Fragen stellen können, eine Kleinanzeige lesen oder ankreuzen, ob ein Regenschauer auf der Homepage des Deutschen Wetterdienstes vorhergesagt wird oder bei einem Open-Air-Konzertveranstalter. Dennoch fallen bei den weltweiten Prüfungen etwa ein Drittel der Kandidaten durch. Allerdings kann der Test beliebig oft wiederholt werden.
Bei der Minderheit der Gescheiterten freilich dürfte die Zustimmung zu dem Test geringer sein. Sie haben die Forscher nicht befragt, wohl aber jene Ehepartner, die schon vor Einführung der Prüfungen nach Deutschland zogen: Von ihnen halten drei Viertel die Tests für sinnvoll. Warum sie so denken, bleibt offen. Womöglich finden sich die Zuwanderer so von Anfang an besser zurecht oder fühlen sich ihrem Partner aus Deutschland nicht so ausgeliefert.
Das würde jedenfalls gut zu einer weiteren Erkenntnis der Forscher passen: Viele Partner haben sich nur kurz gekannt, ehe sie sich zur Ehe entschlossen, jedes zehnte Paar gibt sich in einer "Blitzhochzeit" das Jawort. Oft zeigt sich also erst nach dem Umzug, wen man da wirklich geheiratet hat.