Sportpolitik:Berlin kämpft gegen den Olympia-Kater

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Berlin (dpa) - Die Lichter sind aus, die brennenden Ringe am Olympiastadion und der beleuchtete Fernsehturm haben auch nicht geholfen. In Berlin wird es auf lange Sicht keine Olympischen Spiele geben.

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Berlin (dpa) - Die Lichter sind aus, die brennenden Ringe am Olympiastadion und der beleuchtete Fernsehturm haben auch nicht geholfen. In Berlin wird es auf lange Sicht keine Olympischen Spiele geben.

„Natürlich ist die Enttäuschung da“, sagte Hockey-Olympiasiegerin Natascha Keller. Auch Paralympics-Siegerin Daniela Schulte, die mit zu Berlins Bewerber-Crew im verlorenen innerdeutschen Wettrennen gegen Hamburg gehörte, konnte es kaum fassen: „Wir haben uns eigentlich gut präsentiert.“

Über die Gründe der Niederlage gegen Hamburg, das nun statt Berlin am Samstag von der Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in der Frankfurter Paulskirche als Kandidatenstadt für die Olympischen Spiele 2024 bestätigt wird, mussten die Berliner Protagonisten nicht lange grübeln.

Nicht die vielleicht fehlenden Visionen im Bewerberkonzept oder die dezentrale Wettkampfstätten-Planung gaben den Ausschlag, sondern schlicht die geringere Akzeptanz von Olympia in der Bevölkerung. „Wir kannten die Regeln, wir wussten, dass es ein schwieriger Vorgang wird“, bemerkte Bahnrad-Olympiasieger Robert Bartko zum zweiten gescheiterten Versuch nach 1993.

Als den entscheidenden Punkt hatte DOSB-Präsident Alfons Hörmann gesehen, „wie schätzen wir die Stimmungslage in der jeweiligen Stadtgesellschaft ein“. Und hier lag Berlin in einer aktuellen Forsa-Umfrage mit 39 Prozent Ablehnung auf einem Level, das die Verbands-Oberen offenbar in Alarm versetzte. Ein zweites München, als Bürgerentscheide im November 2013 die Bewerbung für Winterspiele verhindert hatte, wäre für den deutschen Sport verheerend.

Der Kater aber soll nicht zu lange andauern. „Alle in Berlin haben an einem Strang gezogen“, erklärte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller: „Und die Sportverbände lade ich auch für die Zukunft ein, abseits von Olympia Berlin mit all seiner Sportbegeisterung als Heimat für ihre Wettkämpfe zu sehen. Wir stehen bereit.“

Für den Berliner Leistungssport fürchtet Bartko keine größeren negativen Auswirkungen: „Wir sind eine Sportmetropole - und wir werden eine Sportmetropole bleiben.“ Mit dem Final Four in der Volleyball-Champions-League sowie den Endspielen der Fußball-Frauen und -Männer in der europäischen Königsklasse stehen in Berlin große Sporthöhepunkte schon unmittelbar bevor.

„In Berlin findet weiter Sport auf hohem Niveau statt“, betonte Sportsenator Frank Henkel und schloss an: „Ich habe es als sehr positiv empfunden, dass in der ganzen Stadt so lebendig über ein Thema diskutiert worden ist. Das hat uns als Stadt vorangebracht, auch wenn sich der deutsche Sport gegen Berlin entschieden hat.“ Nur den Traum Olympia muss Berlin beerdigen. Die 2400 Energiesparlampen, die den Berliner Fernsehturm mit dem Slogan „Wir wollen die Spiele“ beleuchtet hatten, sind abgebaut.

Verlierer Müller hat dem Hamburger Senat gleich seine Unterstützung zu der Volksbefragung in der Hansestadt zugesichert. „Es hat noch nie eine Volksabstimmung in Hamburg gegeben, die gewonnen wurde vom Senat. Also ich hoffe sehr, dass es diesmal anders laufen wird“, sagte der Regierende dem Sender RBB: „Politik muss sich nun mal dieser Auseinandersetzung stellen.“

Berlin stehe mit seiner skeptischen Bevölkerung nicht alleine da, meinte Müller. „Wir haben in allen deutschen Städten kritische Diskussionen zu großen Infrastrukturprojekten. Auch in Hamburg haben wir ja diese kritischen Diskussion und da muss man erst noch eine Volksabstimmung überstehen.“ Bartko sagte als Vizepräsident des Landessportbundes Berlin (LSB): „Wir werden nicht gleich zur Tagesordnung übergehen. Aber wir müssen dazu kommen, dass es eine nationale Bewerbung ist und Hamburg unterstützen.“

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