Spitzentreffen der Regierungsparteien:Koalition vereinfacht das Steuerrecht

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Union und FDP haben beschlossen, die Bürger um 590 Millionen Euro pro Jahr zu entlasten - und wollen so Vertrauen zurückgewinnen. Doch Unternehmen profitieren in weit höherem Maß.

P. Blechschmidt, S. Braun und C. Hulverscheidt

Nach monatelangen Debatten haben sich die Spitzen der Regierungsparteien auf Steuervereinfachungen für Bürger und Unternehmen verständigt. Der Koalitionsausschuss aus Spitzenvertretern von CDU, CSU und FDP billigte nach Angaben von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle am Donnerstagabend in Berlin einen Katalog mit 41 Maßnahmen. Mit konkreten Beschlüssen zur Steuervereinfachung, zur Wehrpflicht und zur Zuwanderung von Fachkräften will die Koalition das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen.

Wer will, kann in Zukunft nur noch alle zwei Jahre eine Steuererklärung abgeben und sich per E-Mail ein schon weitgehend ausgefülltes Formular vom Finanzamt zusenden lassen. (Foto: dpa)

Beschlossen wurde unter anderem, den Arbeitnehmerpauschbetrag von 920 auf 1000 Euro anzuheben. Innerhalb dieser Summe müssen Bürger die Werbungskosten nicht einzeln nachweisen. Wer will, kann zudem in Zukunft nur noch alle zwei Jahre eine Steuererklärung abgeben und sich per E-Mail ein schon weitgehend ausgefülltes Formular vom Finanzamt zusenden lassen. Die Erklärung lässt sich dann mit einigen wenigen Einträgen ausfüllen. Weitere Erleichterungen sind beim Kindergeld und bei der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten geplant. Bei der Gewährung von Kindergeld und Kinderfreibeträgen müssen von erwachsenen Kindern künftig keine Einkommensnachweise mehr vorgelegt werden.

Das Paket zur Vereinfachung des Steuerrechts soll die Arbeitnehmer um 590 Millionen Euro im Jahr entlasten.

Obwohl die Unternehmen nicht direkt steuerlich entlastet werden, profitieren auch sie vom Steuervereinfachungsgesetz - und das sogar in weit höherem Maß als die Bürger: Wie aus einer Beschlussempfehlung für das Treffen hervorging, sollen die Bürokratiekosten der Betriebe durch den Verzicht der Finanzämter auf eine Vielzahl von Detailregelungen und schriftlichen Belegen um vier Milliarden Euro pro Jahr sinken. So entfällt etwa die Lohnsteuerkarte aus Pappe. Stattdessen kann der Arbeitgeber Mitarbeiterdaten ab 2012 elektronisch abrufen.

Auch um die Aussetzung der Wehrpflicht und die Folgen für den Zivildienst sollte es bei dem Treffen gehen. Es stand die Frage im Raum, wie die Aussetzung der Wehrpflicht gesetzlich geregelt werden soll. Der FDP ist wichtig, dass die Wehrpflicht, die im Grundgesetz verankert bleibt, künftig nicht durch eine bloße Ministerentscheidung reaktiviert werden kann, sondern nur durch einen Parlamentsbeschluss. Bestätigen wollte die Runde allerdings den Termin 1. Juli 2011, von dem an die Wehrpflicht ausgesetzt sein soll. Als unwahrscheinlich galt eine Einigung über die Finanzierung der Bundeswehrreform. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will bei der Bundeswehr binnen vier Jahren 8,3 Milliarden Euro einsparen, laut Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg müsste die Truppe dafür aber auf 163500 Soldaten schrumpfen. Sollten Union und FDP an ihrem Ziel einer Sollstärke von 185000 Soldaten festhalten, müsste Schäuble seinen Sparplan erheblich abspecken.

Weitere Themen sollten die Ausgestaltung des geplanten Bundesfreiwilligendienstes als Ersatz für den Zivildienst und eine erleichterte Zuwanderung für Fachkräfte sein. Bei Letzterem drohte bis zum Abend ein Konflikt. Denn anders als von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen geplant und von der FDP befördert entschied sich die Unionsfraktion im Vorfeld dafür, die gesetzlichen Bedingungen nicht zu lockern. Insbesondere der Vorschlag von der Leyens, die Jahreseinkommensgrenze für sofort anzustellende ausländische Fachkräfte von derzeit 66 000 Euro zu senken, lehnte die Unionsfraktion ab. Wie die SZ erfuhr, wollte Fraktionschef Volker Kauder diese Frage lieber ungelöst zu den Akten legen als den Kompromiss zwischen CDU und CSU noch einmal aufzuschnüren.

© SZ vom 10.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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