Spitzenkandidatur für Bundestagswahl:Grüne Landeschefs drängen auf Troika

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Roth? Trittin? Doch Göring-Eckardt? Oder alle drei? Die Grünen können sich nicht einigen, wer sie zur Bundestagswahl 2013 führen soll. Drei Landesparteichefs preschen vor und fordern eine klare Ansage aus der Parteizentrale. Eine einvernehmliche Lösung müsse her, gerne mit mehr als zwei Personen an der Spitze.

Oliver Das Gupta

In den Grünen-Landesverbänden wächst der Unmut darüber, dass die Bundesspitze noch nicht geklärt hat, wer die Partei in die Bundestagswahl 2013 führen soll. Die Chefs von drei Landesverbänden fordern im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung, schnell zu einer Entscheidung zu gelangen: "Ich vermisse klare Vorschläge aus der Parteispitze", sagt die Hamburger Grünen-Chefin Katharina Fegebank. "Je länger sich das Prozedere hinzieht, desto schädlicher wirkt es sich aus."

Wollen die K-Frage erst im Herbst klären: Die Grünen-Granden Jürgen Trittin (r.), Claudia Roth und Cem Özdemir. (Foto: dapd)

Ähnlich sieht es Dieter Lauinger, der dem Thüringer Verband vorsteht: "Ich erwarte vom Bundesvorstand, dass er endlich einen Vorschlag macht." Und die bayerische Grünen-Vorsitzende Theresa Schopper pocht darauf, dass sich die Parteispitze noch in der parlamentarischen Sommerpause verständigt: "Eine Entscheidung sollte möglichst bald fallen."

Ähnlich äußert sich auch der sächsische Grünen-Chef Volkmar Zschocke. Er sagte zur SZ, es wäre eine "große Erleichterung", wenn es vor September einen "schlüssigen Vorschlag" geben würde.

Intern köchelt die Debatte schon seit Monaten. Viele Grüne sind inzwischen genervt, dass es keine klare Ansage aus Berlin gibt. In der vergangenen Woche war die Kandidaten-Causa öffentlich geworden: Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer bezweifelte per Interview, ob Parteichefin Claudia Roth und Fraktionschef Jürgen Trittin als Spitzenduo geeignet wären. Palmer pries Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt als Alternative, die auch Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschlands ist.

Lauinger und Schopper schließen sich Palmers Auffassung an, wonach Göring-Eckardts Kandidatur die Chancen der Grünen auf einen möglichst großen Wahlerfolg steigern würde. Claudia Roth repräsentiere zweifelsfrei die Gesamtpartei, aber es sei wichtig, neue Wählergruppen anzusprechen, sagt Schopper: "Das kann Katrin Göring-Eckardt."

Die bayerischen Grünen müssen 2013 den Landtagswahlkampf im Freistaat bestreiten und streben wie im Bund zusammen mit der SPD einen Regierungswechsel an. Erfolg werde man in beiden Fällen nur dann haben, wenn "wir Wähler für uns gewinnen, die bislang nicht grün gewählt haben", so Schopper. Niedersachsens Grünen-Vorsitzender Jan Haude warnt davor, mögliche Kandidaten schlechtzureden. Es sei ratsam, zu diskutieren, welche Vorzüge die Persönlichkeiten haben. Haude spricht sich für eine "Potenzialanalyse" aus. Zu einer möglichen Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckhardt sagt der Niedersachse, diese "Personalie" sei "sehr interessant".

Bislang hat nur Parteichefin Roth erklärt, als Spitzenkandidatin zur Verfügung zu stehen. Auf den anderen Platz im Tandem spekuliert wohl Trittin, der dazu allerdings bislang öffentlich ebenso schweigt wie Göring-Eckardt.

Die Landeschefs Fegebank, Haude, Lauinger und Schopper sprechen sich dafür aus, mit mehr als zwei Spitzenkandidaten in den Wahlkampf zu ziehen. "Es spricht vieles für ein Dreier-Team", sagt Schopper. Fegebank und Lauinger halten ebenfalls eine "Teamlösung" für praktikabel. Wichtig sei, dass durch die K-Frage "niemand beschädigt" werde, sagt Schopper.

Haude spricht sich für eine "Doppelspitze plus" aus: "Ob man am Ende mit einer Troika oder einem Quartett in den Wahlkampf startet, ist nebensächlich." Sollte es zu einer Teamlösung kommen, kann sich auch Fegebank für eine Kandidatin Göring-Eckardt erwärmen. "In diesem Kontext habe ich Sympathien für sie, wenn sie ihren Hut in den Ring wirft", sagt die Hamburgerin: "Ich traue ihr die Kandidatur ohne weiteres zu."

Die grünen Granden in Berlin wollen sich nicht drängen lassen. Es bleibe dabei, dass man erst im Herbst über die Kandidatenkür entscheiden solle, sagte Parteichef Cem Özdemir dem Tagesspiegel. "Bis dahin rate ich allen Parteifreunden, sich um Themen wie die erfolgreiche Gestaltung der Energiewende oder die Zukunft Europas zu kümmern."

Ähnlich sieht das auch die Thekla Walker, Chefin der Südwest-Grünen. Die Personalfragen solle man "im Hintergrund" besprechen", sagt sie zur SZ. Eine öffentliche Debatte sei vor September "nicht gut und auch nicht zielführend".

Die Hamburgerin Fegebank sieht das anders. Sie fordert eine "einvernehmliche Lösung" - und zwar schnell. Eine Urwahl der Spitzenkandidaten, die bei Teilen der Basis Anklang findet, lehnt sie ab. Auch der Thüringer Lauinger betont, wie wichtig es sei, einen Konsens ohne Verlierer zu erzielen: "Für einen erfolgreichen Wahlkampf brauchen wir alle." Schopper fürchtet, dass sich die Grünen "wochenlang mit Personalien beschäftigen, anstatt mit Inhalten", sollte es zu einer Urabstimmung kommen.

Fegebank warnt die Parteispitze, zu lange zu warten: Es sei "höchste Zeit", sich zu erklären, sagt die Hanseatin und verweist auf das grüne Fußvolk: "Die Basis scharrt schon mit den Hufen."

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