SPD:Schlimm, schlimmer, am schlimmsten

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Natascha Kohnen will über alles reden. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Das Ergebnis der Sozialdemokraten hat sich insgesamt mehr als halbiert. Manche Kandidaten und Kreise trifft es aber noch härter. Nur in einem Bezirk sieht es nicht so desaströs aus.

Von Lisa Schnell

Gewinner, das ist schon mal klar, gab es bei der SPD keine bei dieser Landtagswahl. Es muss unterschieden werden zwischen denen, die schlimm, sehr schlimm oder katastrophal verloren haben. Zu der ersten Kategorie gehört Klaus Adelt aus Hof. Er darf sich Erststimmen-König nennen, auch wenn er sich wahrscheinlich kaum als König fühlt. Mit 25,6 Prozent holte er in seinem Stimmkreis Hof in Oberfranken die meisten Erststimmen. Verloren aber hat natürlich auch er, mit 8,1 Prozentpunkten nur nicht so viel wie andere.

Auch außerhalb von Hof erweist sich der Bezirk Oberfranken als der erfolgreichste für die SPD. Die Partei konnte noch in Coburg, Wunsiedel und Kulmbach Werte um die 20 Prozent bei den Erststimmen holen. Wirft man einen Blick auf die Gesamtstimmen, schneidet Oberfranken ebenfalls am besten ab. Hier erreichte die SPD 13,6 Prozent und liegt damit über dem Durchschnitt von 9,7 Prozent.

Am meisten verloren die Sozialdemokraten in Mittelfranken und Oberbayern. Besonders gravierend sind hier die Verluste in der Landeshauptstadt München, die seit Jahrzehnten von ihnen regiert wird. Jetzt kamen sie nur noch auf 13,6 Prozent der Gesamtstimmen - ein Verlust von 18,5 Prozentpunkten. Ein kleiner Trost für die Sozialdemokraten ist vielleicht, dass sie nicht als Einzige von den Grünen abgehängt wurden. Auch die CSU lag diesmal in der Landeshauptstadt hinter ihnen.

Besonders bitter aber ist das Münchner Ergebnis für Ruth Waldmann. Sie war 2013 der ganze Stolz der SPD, als sie in ihrem Stimmkreis Milbertshofen das einzige Direktmandat für die SPD holte. Jetzt konnte es sich die grüne Spitzenkandidatin Katharina Schulze sichern. Auch ein weiterer prominenter Sozialdemokrat dürfte mit seinem Ergebnis mehr als unzufrieden sein. Markus Rinderspacher, bis jetzt Fraktionschef im Landtag, brachte es in seinem Stimmkreis Ramersdorf nur auf 14,1 der Erststimmen. Damit verlor er fast 17 Prozentpunkte.

Am Montag zog Rinderspacher die Konsequenzen aus dem Wahldebakel für die SPD. Er kündigte an, nicht mehr für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren. Noch kurz vor der Wahl, während manch einer noch auf 15 Prozent hoffte, hatte er keineswegs amtsmüde gewirkt. In einem Brief an die SPD-Abgeordneten übernahm der 49-Jährige nun die Mitverantwortung für das Wahldebakel und teilte mit, er mache den Weg frei für einen Neuanfang. Die Debatte über eine neue Orientierung der SPD in der Fraktion solle "vorurteilsfrei, klaren Blickes und ungeachtet des Ansehens von Einzelpersonen stattfinden können". Er kündigte an, auch ohne Amt "mit ganzem Herzen und vollem Einsatz" engagiert zu sein. Rinderspacher stand seit Oktober 2009 der Fraktion vor und wurde viermal im Amt bestätigt.

Auch über einen möglichen Rücktritt von Spitzenkandidatin und Landeschefin Natascha Kohnen wird gerade in der Partei diskutiert. Ihre Kritiker, die vor allem aus der Landesgruppe in Berlin kommen, verweisen gerne auch auf ihr persönliches Ergebnis bei der Landtagswahl. Tatsächlich muss es Kohnen ebenso schmerzen wie das schlechte Gesamtergebnis. In ihrem Stimmkreis München-Land-Süd kam sie nur auf 12,2 Prozent der Erststimmen. Sie liegt damit unter dem Durchschnitt in der Landeshauptstadt. Um ihren Platz im Landtag aber muss sie als Spitzenkandidatin nicht bangen.

Mit 22 Sitzen hat sich die Fraktion der Sozialdemokraten fast halbiert. Die Oberbayern müssen am meisten Mandate abgeben. Sie schrumpfen von 15 auf sieben Sitze. Hart trifft es auch die Oberpfalz und Unterfranken, die beide mit zwei Abgeordneten nur noch halb so viele Vertreter im Landtag haben werden wie 2013. Schwaben reduziert sich von fünf Abgeordneten auf zwei, Mittelfranken von sieben auf vier. Oberfranken und Niederbayern schicken einen Vertreter weniger ins Parlament. Niederbayern wird bei der SPD nun durch zwei Abgeordnete repräsentiert, Oberfranken hat drei.

Die Fraktion im Landtag aber schrumpft nicht nur drastisch, auch das Verhältnis von Stadt und Land dürfte sich stark verändern. Aus Oberbayern etwa wird wohl ein Großteil der Abgeordneten aus München stammen und auch in den anderen Bezirken dominieren die Städte. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass die SPD ihre Hochburgen in Ballungsräumen hat und damit die meisten der wenigen Abgeordneten nicht vom Land kommen. Es könnte deshalb umso schwerer für die SPD werden, auf dem Land noch durchzudringen.

Knapp über fünf Prozent: Solche Werte hält Niederbayern für die SPD bereit

Von Hochburgen aber kann nach diesem Ergebnis nicht ernsthaft mehr gesprochen werden. Neben München verloren die Sozialdemokraten auch massiv in Nürnberg. In der Stadt, die seit Jahren von einem sehr beliebten SPD-Oberbürgermeister regiert wird, kamen die Sozialdemokraten nur auf 14,5 Prozent und verloren damit 15,1 Prozentpunkte. Ein ähnliches Trauerspiel mussten die Genossen in Augsburg erleben, wo sie ebenfalls 15 Prozentpunkte verloren und nun nur noch bei 10,9 Prozent stehen.

Am schlechtesten schnitt die SPD in Niederbayern ab. Dort holte sie nur 6,2 Prozent der Gesamtstimmen, im Stimmkreis Straubing fuhr sie mit 4,6 Prozent ihr schlimmstes Ergebnis ein. Aber auch in anderen Stimmkreisen wie in Deggendorf oder Rottal am Inn kam sie nur knapp über die fünf Prozent hinaus. In Niederbayern allerdings waren nicht die Grünen die Hauptkonkurrenz der SPD, sondern die AfD. Am zweitschlechtesten schnitt mit 7,7 Prozent Schwaben ab. Die Zustimmung in Oberbayern, der Oberpfalz und Mittelfranken liegt zwischen neun und zehn Prozent und damit in etwa im gesamtbayerischen Durchschnitt.

© SZ vom 16.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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