SPD Kanzlerkandidatur:Warum die Troika am Ende ist

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Vom reizvollen Gespann zum Auslaufmodell: Die Troika aus Steinmeier, Steinbrück und Gabriel hat die SPD wieder auf Kurs gebracht. Doch nun hat das Modell ausgedient. Wenn die SPD nicht wirken will wie eine ängstliche Dame, muss sie sich noch vor der Landtagswahl in Niedersachsen auf einen Kanzlerkandidaten verständigen.

Susanne Höll

Die SPD-Troika war in Frankreich. Glaubt man der CSU, dann haben Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück mit dem Besuch beim neuen Präsidenten ihr Heimatland verraten. Solches Geraune ist natürlich purer Unfug. Die drei Sozialdemokraten sind mit der Visite in Paris weder der Bundesregierung in den Rücken gefallen, noch haben sie Deutschland geschadet. Gelitten hat allenfalls ihr eigenes Renommee.

Dreiergespann: Die SPD muss sich von ihrer Troika verabschieden - ansonsten könnte sie zum Symbol für Führungsschwäche und Mutlosigkeit werden. (Foto: dpa)

Denn eine Oppositionspartei, die bei Auslandsreisen keinen Wortführer vorzuweisen hat, wirkt nicht sonderlich entschlossen, sondern ziemlich albern. Wenn Sozialdemokraten das nächste Mal auf eine Reise von politischer Bedeutung gehen, sollten sie einen erkennbaren Anführer haben. Besonders geeignet wäre dafür ein Kanzlerkandidat.

Aus rein innenpolitischer Sicht kann sich die SPD mit der Nominierung eines Kandidaten noch etwas Zeit lassen. Niemand hierzulande wartet in den Sommerwochen ernsthaft auf die Entscheidung. Eine alsbaldige Kür wäre töricht.

Noch törichter ist allerdings der Zeitplan, an den sich die Troika bislang halten will: Er sieht vor, den Herausforderer von Angela Merkel erst nach der niedersächsischen Landtagswahl im Januar 2013 zu benennen. Diese Strecke ist zu lang. Die Troika würde bis dahin keine starke Führung mehr symbolisieren, sondern das Gegenteil: Sie würde zum Sinnbild einer Partei, die sich nicht entscheiden kann - und deshalb andere entscheiden lässt.

Die SPD braucht eine frühe Entscheidung

Nur auf den ersten Blick scheint manches dafür zu sprechen, die Wahl in Niedersachsen abzuwarten. Ein Kandidat soll vor frühzeitigem Schaden geschützt werden. Denn wenn die SPD in Hannover nicht den nächsten Ministerpräsidenten stellt, hätte der Kanzlerkandidat ein Problem: Er müsste erklären, wie um alles in der Welt es zu dieser Schlappe kommen, warum er nicht für Schwung in Hannover sorgen konnte. Halb Deutschland würde bezweifeln, dass der Herausforderer es jemals mit dieser Kanzlerin aufnehmen kann. Unschön, gewiss.

Die Alternative freilich ist noch deutlich schlechter. Will sich eine ehrwürdige Volkspartei die Wahl ihres Spitzenkandidaten tatsächlich von dem für sie ungewissen Ausgang einer Landtagswahl diktieren lassen? Wenn die SPD 2013 ernsthaft den Kanzler stellen will, muss sie selbst und vor allem selbstbewusst entscheiden, wer das sein soll. Und zwar vor Januar. Sie darf nicht darauf warten, dass Leute im Emsland oder aus dem Harz ihr den Weg weisen, vorausgesetzt, sie will tatsächlich regieren.

1998 hat die SPD schon einmal den Ausgang einer Niedersachsen-Wahl mit einer Spitzenpersonalie verknüpft. Damals wurde Gerhard Schröder erst Kandidat und dann auch Kanzler. Die Dinge liegen diesmal aber anders. Nicht zuletzt deshalb, weil Schröder mit seinem erstaunlichen Ehrgeiz nach oben wollte. Schröder brannte, anders als die drei Vielleicht-Kandidaten von heute.

Gut, der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel funkelt. Aber er weiß nur zu gut, dass nicht so viele Wähler bei ihm Feuer fangen. Die beiden anderen, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Ex-Finanzminister Peer Steinbrück, stünden bereit. Um das Amt kämpfen, wie einst Schröder und Oskar Lafontaine, würden sie aber nie und nimmer.

Wer regieren will, braucht Mut

Mag sein, dass diese fehlende Zielstrebigkeit auch die von seltsamen Heilserwartungen getriebene Debatte um eine Herausforderin Hannelore Kraft befördert hat. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin ist eine bemerkenswerte Landespolitikerin. Klug ist sie obendrein. Und deshalb zieht sie derzeit auch nichts nach Berlin.

Wer Deutschland regieren will, muss viel von internationalen Finanzen und internationalen Krisen verstehen. Von Regierungschefs selbst großer Bundesländer kann man das nicht erwarten, schon gar nicht, wenn sie erst zwei Jahre im Amt sind. Eine Kraft-Euphorie würde ganz schnell zerstäuben, wenn die Wähler vor der Entscheidung stünden, ob sie die Zukunft des Euro tatsächlich in die Hände der Dame aus Düsseldorf legen wollen. Das alles weiß Kraft. Deshalb hat sie die Debatte selbst beendet.

Die Troika war vor Jahresfrist eine Notlösung, eine Erfindung Gabriels, auch um Merkel ein passables Gewicht entgegenzusetzen. Der zwischenzeitliche Reiz des Gespanns ist aber verloren. Nichts gegen enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Spitze. Schließlich hat man gerade das in der SPD lange Zeit schmerzlich vermisst. Wer es aber nötig hat, immer wieder drei Männer gegen die Kanzlerin aufzubieten, wirkt nicht kraftvoll, sondern nur bange.

Bange darf auch einem Kandidaten nicht sein. Im Kanzleramt kämen große politische Herausforderungen auf ihn zu. Wer immer die nächste Regierung anführt, muss mutig sein, krisenerprobt und krisenfest. Seine Partei ebenso. Den Menschen werden sie, wie es ausschaut, allerhand zumuten müssen, wenn sie Frieden, Demokratie und den Wohlstand in Europa einigermaßen bewahren wollen. Gemessen an diesen Prüfungen ist ein eventuell vermasselter Landtagswahlkampf eine Petitesse. Solche Zeiten sind nichts für Angsthasen oder Staatsschauspieler. Die SPD wird bei der Bundestagswahl nur dann Erfolg haben, wenn sie sich nicht fürchtet.

© SZ vom 15.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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