SPD in den Ländern:"Bürgermeister aller Länder, vereinigt euch!"

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Für die SPD treten bei den kommenden drei Landtagswahlen Rathauschefs aus Großstädten an. Das kann kein Zufall sein.

Jens Schneider

Der Oberbürgermeister von Hannover, Stephan Weil, entdeckte Anfang der Woche einen netten Termin in seinem Kalender. Sein Münchner Kollege Christian Ude sollte bei einer Konferenz in Hannover sprechen und auch Zeit für ein Essen mit ihm finden. Da kam der Sozialdemokrat Weil auf die Idee, dass Parteifreund Ude und er "eine Geschichte zu erzählen haben". Und als der Münchner Parteifreund davon begeistert war, riefen sie, weil es so gut passte, noch Torsten Albig dazu, den Oberbürgermeister von Kiel.

Die SPD-Spitzenkandidaten für die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern: Torsten Albig (v.r., alle SPD), Oberbürgermeister von Kiel, Stephan Weil, Oberbürgermeister von Hannover, und Christian Ude, Oberbürgermeister von München (Foto: dapd)

So erlebten Journalisten in Hannover am Freitagnachmittag den heiteren Versuch, einen Umstand als logische Entwicklung zu überhöhen, den naive Beobachter bisher für einen Zufall halten mochten. Die drei sind alle sozialdemokratische Bürgermeister von Landeshauptstädten, und jeder versucht, als Spitzenkandidat im eigenen Land eine schwarz-gelbe Regierung abzulösen. Dahinter stecke zwar kein geheimer, generalstabsmäßiger Plan, bekannte Weil, als er die Kollegen präsentierte. Aber es sei "eben auch kein Zufall". Der Kieler Albig begrüßte alle mit dem Worten: "Sie sind Zeuge der Initiative: Bürgermeister aller Länder, vereinigt euch!"

Weil hat sich gerade knapp in der Niedersachsen-SPD in einem Mitgliederentscheid durchgesetzt, Albig wurde in Schleswig-Holstein von der Basis gerufen, weil sie Parteichef Stegner nicht mehr wollte, Ude füllt in Bayern eine ewige Lücke. Und doch sehen die drei etwas Größeres. Denn während Politiker aller Parteien unter dem großem Vertrauensverlust litten, sei eine Gruppe stets ausgenommen: "Das sind die Bürgermeister", sagte Weil; und Ude erzählte, wie ein rustikaler Ur-Bayer ihn mal in der U-Bahn angesprochen habe: "Geh, Ude! Du sagst das auch, die Politiker san alle Ganoven!" Ihn habe der Mann nicht als Politiker gesehen.

Der Bürgermeister an sich, verkündeten die drei, stehe für einen anderen Typus, sei bürgernah. Der wisse, dass Bürger nicht Häme, sondern Argumente wollen, sagte Albig: "Ich habe den Eindruck, dass die Menschen uns nicht als Teil des Systems wahrnehmen, sondern als Menschen, die das System verändern können." Ein Bürgermeister müsse auch noch 70 Stunden in der Woche im Rathaus arbeiten, das könnten sich viele Landespolitiker nicht vorstellen. Ja, mit den Bürgermeistern der Stadtstaaten, auch Sozialdemokraten, könnten sie bald ein Sextett unter den Ministerpräsidenten bilden, sagte Ude, es wäre ein "Durchbruch für die Kommunalpolitik in Deutschland".

Die drei freuten sich so sehr über ihre Rolle als Trio, dass nur die Frage blieb, warum sie so einen hochgeschätzten Posten aufgeben wollen. Masochismus? Das sei schon "eine quälend ernste Frage", sagte Ude. Aber laut Verfassung kann er aus Altersgründen nicht Bürgermeister bleiben. Und Weil gestand: Ja, die Lebensqualität eines Ministerpräsidenten sei niedriger, aber nun müssten sie ihre Tugenden auf höherer Ebene umsetzen.

© SZ vom 10.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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