SPD-Parteitag:"Wir wollen Hartz IV hinter uns lassen"

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"Wir wollen dass diese Menschen nicht Bittsteller sind", sagt Malu Dreyer über Hartz-IV-Empfänger. (Foto: dpa)
  • Die SPD will sich mit einem neuen Sozialstaatskonzept vom Hartz-IV-System lösen, das die Partei viele Wählerstimmen gekostet hat.
  • Auf die Sanktionen, mit denen Hartz-IV-Leistungen bei mangelnder Zusammenarbeit mit den Jobcentern gekürzt werden können, will die Partei nicht komplett verzichten.
  • Bundesarbeitsminister Heil kündigt jedoch an, mögliche Sanktionen künftig abzumildern.

Die SPD hat sich auf ihrem Parteitag in Berlin für eine grundlegende Reform der Sozialleistungen ausgesprochen und sich dabei auch vom bestehenden Hartz-IV-System distanziert. Die Delegierten beschlossen am Samstag einmütig ein neues Sozialstaatskonzept: Arbeitslose sollen demnach länger Arbeitslosengeld I beziehen können. Statt Hartz IV soll es danach künftig ein sogenanntes Bürgergeld geben.

"Wir wollen Hartz IV hinter uns lassen", sagte zuvor die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Ziel sei es, dass die Jobcenter den Menschen auf Augenhöhe begegneten. "Wir wollen dass diese Menschen nicht Bittsteller sind", sagte Dreyer. Mit ihrem Konzept wolle sich die Partei auch ein Stück weit von Dingen der Vergangenheit verabschieden.

"Pflichtverletzungen können nicht folgenlos bleiben"

Die Agenda-Reformen unter dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder hatten einst dabei geholfen, die hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland wieder auf ein niedriges Niveau zu bringen. Durch das Hartz-IV-System hat die SPD nach Ansicht von Parteienforschern jedoch auch viele Wählerstimmen verloren. Unter anderem, weil die Reformen einen größeren Niedriglohnsektor entstehen ließen und Pflichtverletzungen von Arbeitssuchenden seither härter bestraft wurden.

Diese sogenannten Sanktionen will die SPD nun abmildern. Nötig macht dies auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Karlsruhe hatte am 5. November die Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger teilweise gekippt und Sanktionen von 60 oder 100 Prozent für verfassungswidrig erklärt.

Komplett abschaffen will die SPD die Sanktionen zwar nicht. "Pflichtverletzungen können nicht folgenlos bleiben", hieß es dazu in einem Kompromiss für den Parteitag.Das Existenzminium soll laut SPD-Beschluss aber gewahrt bleiben. Strengeren Sanktionen für unter 25-Jährige und Kürzungen von Wohnkosten sollen abgeschafft werden. Arbeitnehmer sollen zudem einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung erhalten.

Mit der Forderung nach einem Arbeitslosengeld Q greift die SPD eine Idee aus dem Jahr 2017 wieder auf: Bei einer Weiterbildungsmaßnahme kann Arbeitslosengeld weiter gezahlt werden, und zwar maximal 36 Monaten lang. Heute besteht insgesamt ein Anspruch auf 24 Monate Arbeitslosengeld ab einem Alter von 58. Zudem soll laut SPD künftig ein Recht auf mobiles Arbeiten und Homeoffice gesetzlich verankert werden. Der Mindestlohn soll perspektivisch auf 12 Euro angehoben werden. Ferner soll es eine eigenständige Kindergrundsicherung geben, eine Bürgerversicherung in der Pflege und ein stabiles Rentenniveau.

© SZ.de/Reuters/dpa/jps - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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