Spanien:Showdown in Barcelona

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Im September kam es in Katalonien zu heftigen Zusammenstößen zwischen Unabhängigkeitsbefürwortern und Polizisten. (Foto: Daniel Cole/AP)
  • Der Katalonienkonflikt könnte in dieser Woche wieder aufflammen.
  • Spaniens Premier Sánchez hat für Freitag eine Sitzung seiner Regierung in Barcelona angesetzt. Unabhängigkeitsbefürworter wollen sie blockieren.
  • An diesem Dienstag werden zudem Verfahren gegen führende katalanische Separatisten eröffnet. Ihnen drohen hohe Haftstrafen, die Vorwürfe sind aber teils umstritten.

Von Thomas Urban, Madrid

Der Führung in Madrid steht eine neue Kraftprobe mit der katalanischen Regionalregierung bevor. Für den kommenden Freitag, den ersten Jahrestag der letzten Regionalwahlen in Katalonien, hat der sozialistische Premier Pedro Sánchez eine Kabinettssitzung in der Alten Börse unweit des Hafens von Barcelona angesetzt.

Für denselben Tag hat er den katalanischen Regionalpräsidenten Quim Torra zu Gesprächen eingeladen. Doch Torra weist bislang das Angebot zurück. Die beiden größten separatistischen Organisationen in Barcelona, die Katalanische Nationalversammlung und die Kulturvereinigung Òmnium, haben ihre Anhänger aufgerufen, am Freitag die Wege zur Alten Börse zu blockieren. Das Innenministerium in Madrid hat deshalb mehr als 4500 Polizisten in Marsch gesetzt, die den Ablauf der Kabinettssitzung sichern sollen.

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Sowohl Sánchez als auch Torra stehen unter Druck. Dem spanischen Premier ist es bislang nicht gelungen, seinen Haushaltsentwurf durchzubringen. Die von ihm geführte Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) verfügt nur über 84 der 350 Sitze im Parlament; für eine Mehrheit ist er ausgerechnet auf die Stimmen der katalanischen Abgeordneten angewiesen. In Barcelona ist Torra von der kleinen neomarxistischen Fraktion CUP abhängig, die Verhandlungen mit Madrid ablehnt und aus der Industrie- und Touristikregion ein sozialistisches Musterland machen möchte.

Nun beginnt der erste Prozess gegen separatistische Ex-Politiker. Es geht um bis zu 25 Jahre Haft

Katalanische Unternehmerverbände haben dagegen Torra aufgerufen, nicht länger das Gespräch mit Sánchez zu verweigern. Bei den Regionalwahlen vor einem Jahr hatten die drei separatistischen Gruppierungen zusammen nur 47 Prozent der Stimmen erreicht, damit aber eine knappe Mehrheit der Sitze im katalanischen Regionalparlament bekommen.

Torra vertritt ebenso wie sein nach Belgien geflüchteter Vorgänger Carles Puigdemont die Auffassung, dass das schwache Ergebnis den Unabhängigkeitskurs legitimiert. Allerdings kommt dazu Widerspruch aus den Reihen der dritten separatistischen Fraktion, der Republikanischen Linken (ERC); diese vertritt mittlerweile die Meinung, dass angesichts der Wahlergebnisse die Zeit für eine Abspaltung von Madrid nicht reif sei.

Diese neue Linie der ERC hat deren Vorsitzender Oriol Junqueras vorgegeben, der sich seit einem Jahr in Untersuchungshaft befindet. Der Staatsgerichtshof klagt neun inhaftierte katalanische Politiker wegen Rebellion an. Das Strafmaß für Junqueras, den früheren katalanischen Vizepremier, der als der eigentliche Kopf der Unabhängigkeitsbewegung galt, soll 25 Jahre Gefängnis betragen, für seine Mitstreiter werden zwischen elf und 16 Jahren gefordert.

An diesem Dienstag wird das Verfahren formal eröffnet, in Abwesenheit der Angeklagten. Deren Anwälte haben angekündigt, Beschwerden gegen das vorgesehene Verfahren einzureichen. Dazu gehört der Anklagepunkt Rebellion. Vier der Inhaftierten befinden sich deshalb im Hungerstreik.

Den Tatbestand der Rebellion, der laut Definition mit Gewalt verbunden ist, haben bereits Gerichte in Deutschland, der Schweiz, Belgien und Großbritannien nicht erkennen können, nachdem die spanische Justiz die Auslieferung von dorthin geflüchteten katalanischen Politikern beantragt hatte, darunter die von Puigdemont.

Doch auch unter spanischen Juristen ist dieser Anklagepunkt umstritten. Ein Beratergremium des Justizministeriums hat vor den negativen Folgen für das Ansehen Spaniens gewarnt, falls später der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die wegen angeblicher Rebellion ergangenen Urteile kassieren sollte. Die sozialistische Justizministerin Dolores Delgado hat nach Presseberichten versucht, die Staatsanwälte von dem Verfahren abzuziehen, die auf dem Anklagepunkt Rebellion beharren. Die liberale und konservative Opposition in Madrid verlangt dagegen von Sánchez, die Regionalregierung in Barcelona erneut abzusetzen.

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Für den früheren Vizepräsidenten der Region, Oriol Junqueras, beantragt die Staatsanwaltschaft die Höchststrafe. Für acht weitere Angeklagte ebenfalls langjährige Haft - wegen Rebellion und Ungehorsam.

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