Sondergipfel:EU billigt Brexit-Vertrag

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Bundeskanzlerin Merkel spricht von einer "traurigen Situation". Das britische Parlament muss dem Deal noch zustimmen.

Von Alexander Mühlauer, Karoline Meta Beisel, Matthias Kolb, Brüssel

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben den Vertrag über den EU-Austritt Großbritanniens gebilligt. "Das ist ein historischer Tag, der sehr zwiespältige Gefühle auslöst", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem Brexit-Sondergipfel am Sonntag in Brüssel. Sie sprach von einer "traurigen Situation", es sei tragisch, dass Großbritannien die EU nach 45 Jahren verlasse. Das verabschiedete Austrittsabkommen und die politische Erklärung über die künftige Beziehung sollen den Rahmen für einen geregelten Brexit vorgeben. "Dieser Deal ist im nationalen Interesse des Vereinigten Königreichs", versicherte die britische Premierministerin Theresa May und fügte hinzu: "Es ist der einzig mögliche Deal."

May verteidigte das Abkommen mit der EU. Der Deal gebe ihrem Land Kontrolle über die Grenzen, das Geld und die Gesetze zurück. Zugleich erhalte die Wirtschaft die nötige Sicherheit. Es liege nun am britischen Parlament, darüber zu entscheiden, ob es mehr Unsicherheit gebe oder ob das Land voranschreiten könne. May zeigte sich zuversichtlich, eine Mehrheit des Unterhauses davon zu überzeugen, das Austrittsabkommen zu ratifizieren. Als Datum für eine Abstimmung wird der 12. Dezember genannt. Doch angesichts der Widerstände, auch innerhalb Mays Konservativer Partei, ist es ungewiss, ob das britische Unterhaus den Brexit-Vertrag billigt.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte die Parlamentarier: "Das ist der einzig mögliche Deal, der beste Deal für Großbritannien, der beste für die EU - wer ihn ablehnt, wird Sekunden später enttäuscht sein." Während Juncker damit Nachverhandlungen indirekt ausschloss, ließ EU-Ratspräsident Donald Tusk offen, was nach einer Ablehnung passiere. "Wir sollten nicht spekulieren", sagte er. Ohne Abkommen droht ein ungeordneter Brexit mit Zöllen und Grenzkontrollen.

Am 29. März 2019 verlässt mit Großbritannien erstmals ein EU-Mitglied die Gemeinschaft. Stimmen britisches und Europäisches Parlament dem Brexit-Vertrag zu, beginnt am Tag danach eine Übergangsphase, in der sich fast nichts ändert. Das Königreich bleibt im Binnenmarkt, muss weiter Beiträge in den EU-Haushalt zahlen, darf aber nicht mehr über Gesetze mitbestimmen. Diese Periode dauert bis Ende 2020, kann aber einmalig um maximal zwei Jahre verlängert werden. Während dieser Zeit ändert sich auch nichts für die mehr als drei Millionen EU-Bürger, die in Großbritannien leben und arbeiten, und für eine Million Briten auf dem Festland.

Bis zum Ende dieser Übergangsphase wollen beide Seiten ein umfassendes Freihandelsabkommen aushandeln. Gelingt das nicht, tritt eine Auffanglösung (Backstop) in Kraft, die Kontrollen an der inneririschen Grenze verhindern soll. Das gesamte Königreich bliebe dann in einer Zollunion mit der EU verbunden; außerdem müsste sich Nordirland weiter an EU-Vorschriften halten. Brexit-Vorkämpfer in Mays Konservativer Partei lehnen diese Auffanglösung ab, weil sie keine dauerhafte Zollunion mit der EU wollen. Die nordirische Regionalpartei DUP, die Mays Minderheitsregierung stützt, ist ebenfalls gegen den Backstop. DUP-Chefin Arlene Foster sagte, ihre Partei könne den Vertrag "unter keinen Umständen unterstützen". Das Abkommen trenne Nordirland vom Rest des Vereinigten Königreichs.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte die verbleibenden 27 EU-Staaten auf, ihrerseits Schlüsse aus dem Brexit zu ziehen: "Wir müssen verstehen, dass Europa zerbrechlich ist." Es gelte, die EU gegen all jene zu verteidigen, "die vergessen haben, dass sie eine Garantie für Frieden, Wohlstand und Sicherheit auf unserem Kontinent bietet", sagte Macron.

© SZ vom 26.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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