Mecklenburg-Vorpommern:Vertrauenskrise in Schwerin

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Unüberbrückbare Differenzen: Mecklenburg-Vorpommerns Finanzminister Brodkorb und Ministerpräsidentin Schwesig (Foto: dpa)
  • Mecklenburg-Vorpommerns Finanzminister Mathias Brodkorb ist zurückgetreten.
  • Brodkorb begründet den Schritt mit seinem schlechten Verhältnis zu Ministerpräsidentin Schwesig.
  • Der Zeitpunkt des Rücktritts kam überraschend. Die Fraktionsvorsitzende der Linken vermutet, dass Brodkorb seiner Entlassung nur zuvorgekommen ist.

Von Thomas Hahn, Schwerin

Am Montagmorgen war der Rücktritt plötzlich da: Mathias Brodkorb, 42, SPD-Politiker mit Perspektive, wolle nicht mehr Finanzminister von Mecklenburg-Vorpommern sein, hieß es aus Schweriner Regierungskreisen. Bald bestätigte Brodkorb den Schritt in einer Ansprache, die seinen Groll auf die Ministerpräsidentin deutlich machte, auf Manuela Schwesig, 44, ihrerseits eine SPD-Politikerin mit Perspektive. "Es ist nicht gelungen, zwischen uns eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufzubauen", sagte Brodkorb. Er wolle Platz machen für jemanden, der besser ins Kabinett passe.

Der Zeitpunkt dieser Verkündung kam überraschend. Manche fanden ihn sogar unpassend, und zwar nicht nur weil Mecklenburg-Vorpommmerns SPD gerade im Kommunal- und Europawahlkampf steckt. Sondern auch, weil tags zuvor die langjährige Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider, ebenfalls SPD, ihrem Krebsleiden erlegen war. Der Abschied selbst hingegen war keine Überraschung. Brodkorb galt als angezählt. Sein Nachfolger war schnell gefunden: Am Nachmittag präsentierte Manuela Schwesig als neuen Finanzminister Reinhard Meyer (SPD). Meyer, 59, war bis 2017 Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein und zuletzt Chef der Schweriner Staatskanzlei.

Kabinettssitzungen mit den beiden sollen teilweise sehr laut gewesen sein

Simone Oldenburg, Fraktionsvorsitzende der Linken, deutete den Vorgang so, "dass Mathias Brodkorb lediglich seiner Entlassung zuvorgekommen ist". Als inniges Politik-Tandem sind Brodkorb und Schwesig in der Tat nicht bekannt. Kabinettssitzungen mit den beiden sollen teilweise sehr laut gewesen sein. Brodkorbs Sparkurs ging der Ministerpräsidentin zu weit: Sie kassierte seine Reformvorhaben, mit denen er Theaterlandschaft und Finanzamtsstruktur verschlanken wollte. Brodkorb selbst spricht von "gewissen Differenzen in fachlichen, finanzpolitischen Fragen". Und endgültig genug hatte er wohl, als Manuela Schwesig ihm ihren Vertrauten Heiko Geue als Staatssekretär ins Ministerium setzte. "Wenn man nicht mehr in der Lage ist, wesentliche Weichenstellungen inhaltlicher wie personeller Natur selbst zu entscheiden, dann macht es keinen Sinn mehr", sagt Brodkorb. Er wird vorerst Landtagsabgeordneter bleiben.

Manuela Schwesig dankte ihm pflichtgemäß. Sie fand den Zeitpunkt des Rücktritts auch nicht gut, begrüßte aber die Klarheit, die sich daraus ergab. Sie und Brodkorb zählen zu der Gruppe junger Politiker, die der ehemalige Ministerpräsident Erwin Sellering förderte und früh in Spitzenämter brachte. Sellering machte Schwesig zur Sozialministerin, ehe sie als Familienministerin nach Berlin ging. Brodkorb wurde mit 34 Bildungsminister und übernahm nach der Landtagswahl 2016 die Finanzen. Als Sellering 2017 zurücktrat, machte er Schwesig zu seiner Nachfolgerin. Gut möglich, dass der beredte, zahlensichere Brodkorb den Posten auch gerne übernommen hätte.

"Ein hochintelligenter Politiker geht von Bord", sagt die Linke Oldenburg, auch wenn sie selbst oft der Meinung war, dass Brodkorbs Finanzpolitik zu sehr auf Kosten der Menschen ging. Die kriselnde SPD wiederum muss feststellen, dass zwei ihrer begabtesten Kräfte nicht miteinander auskommen.

© SZ vom 30.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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