Schweden:Entdeckung der Angst

Russische Provokationen haben dem Land sein altes Sicherheitsgefühl genommen. Nun kommt die Wehrpflicht zurück.

Von Silke Bigalke

Als Schweden vor sechs Jahren die Wehrpflicht abschaffte, galt diese als teuer und antiquiert. Sicherheit hing für die Schweden nicht so sehr davon ab, die Landesgrenzen verteidigen zu können. Sie zogen ihre Gelassenheit eher aus Schwedens neutraler Stellung in der Welt. Wenn sie nun die Wehrpflicht wieder einführen wollen, zeigt das, wie sehr sich das Sicherheitsgefühl verändert hat.

In der schwedischen Verteidigungspolitik ist ein Attribut sehr wichtig: bündnisfrei. Schweden ist nicht Mitglied der Nato. Für viele Schweden ist das eine Friedensgarantie, weil sie nicht gegen ihren Willen in Konflikte hineingezogen werden können. Auch bei internationalen Einsätzen gilt diese Bündnisfreiheit als Vorteil. Schweden können dort glaubhafter als unparteiische Vermittler und Helfer auftreten. Auf diese internationale Rolle hat sich Schwedens Armee zuletzt konzentriert, zu Hause wurde abgerüstet. Schwedens Einheiten mussten in Afghanistan funktionieren, nicht im schwedischen Avesta. Und in Afghanistan sind Berufssoldaten nützlicher als Wehrpflichtige.

Der Gedanke, ihr Land kaum verteidigen zu können, ist für die Schweden also nicht neu. Neu ist, dass sie sich deswegen unsicher fühlen. Russische Kampfjets und U-Boote haben ihnen die Lücken an den Landesgrenzen vor Augen geführt. Plötzlich bedeutet Bündnisfreiheit auch, dass die Schweden fähig sein müssen, sich selbst zu verteidigen. Auch in Avesta.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: