Topterrorist al-Mauretani:38 Fragen an den "Außenminister" der al-Qaida

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Abdelaim el-K. (re.) vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf im Juli 2012. (Foto: dpa)

Ungewöhnliche Reise für das Oberlandesgericht Düsseldorf: Weil Al-Qaida-Anführer Younis al-Mauretani womöglich Informationen über einen wegen Terrorverdachts angeklagten Marokkaner geben kann, soll eine Delegation aus Anwälten und Richtern ihn in Mauretanien vernehmen.

Von Annette Ramelsberger

Scheich Younis al-Mauretani gilt als Außenminister der al-Qaida. Strategiepapiere von ihm haben die Amerikaner im geheimen Hauptquartier Osama bin Ladens gefunden, als sie den Al-Qaida-Chef 2011 in Pakistan überfielen und töteten. In einem der Briefe fabuliert Scheich Younis von Anschlägen auf Untersee-Pipelines und die Loveparade, auf den Kanaltunnel und den Reichstag.

Und er schreibt von einem Mann aus Marokko, der ihm bei seinen Anschlägen zur Hand gehen werde und den Treueschwur abgelegt habe. Er nannte sogar dessen Geburtsdatum, den 15. 6. 1981.

Ein Mann, der an diesem Tag geboren wurde und aus Marokko stammt, steht seit einem Jahr vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf - angeklagt wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Abdeladim el-K. soll mit drei Gefolgsleuten versucht haben, mitten in Düsseldorf eine Bombe zu bauen. Die Geheimdienste hatten eine Mail von ihm abgefangen: "Oh Scheich, wir halten noch unser Versprechen. Ich trainiere einige Jugendliche aus Europa. Nach dem Training werde ich mit dem Schlachten der Hunde beginnen."

Ob es sich bei dem Angeklagten wirklich um den Vertrauten des Scheichs handelte, das können die Richter womöglich bald selbst von Younis erfahren. Denn die mauretanischen Behörden sind nach Informationen der SZ bereit, den Scheich durch das deutsche Gericht vernehmen zu lassen. Der Verbindungsbeamte des Bundeskriminalamts in Marokko hat den Kontakt hergestellt, das Rechtshilfeersuchen ist auf dem Weg, nun braucht das Gericht noch die Reisegenehmigung. Dann könnte sich im Herbst eine kleine Karawane nach Nouakchott, der Hauptstadt Mauretaniens, aufmachen: Richter, Staatsanwälte, Verteidiger. Am besten nimmt das Gericht eine Maschine der Turkish Airlines, die fliegt von Frankfurt über Istanbul in 25 Stunden in die Wüste.

Welche Rolle spielt das Geburtsdatum von Abdeladim el-K?

Johannes Pausch, der den Hauptangeklagten verteidigt, drängt zur Reise: "Das Gericht hat ein Aufklärungsgebot. Und wenn es den Scheich befragen kann, muss es fragen." Der Scheich wird die Delegation aus Deutschland sicher empfangen - er hat keine andere Wahl. Denn er sitzt nun in Mauretanien in Haft. Die Pakistaner, die den Mann vor zwei Jahren verhaftet hatten, haben ihn am 31. Mai in seine Heimat überstellt, offenbar aus Verärgerung über den US-Angriff auf Bin Laden auf ihrem Staatsgebiet. Noch ist nicht klar, wie sicher die Deutschen in Mauretanien sind. Das Auswärtige Amt sieht keine sonderlich hohe Gefahr, außer dem für die Gegend üblichen Entführungsrisiko für Menschen aus dem Westen.

Schon haben Ankläger, Gericht und Verteidiger Fragen vorbereitet. 38 Fragen hat allein der Senat. Von: "Welche Funktion hatten Sie bei der al-Qaida?" Bis zu: "Waren Sie befugt, einen Treueschwur abzunehmen?" Was deutsche Juristen eben so fragen. Und sicher werden sie fragen, warum das Geburtsdatum von el-K. in diesem Brief auftaucht, obwohl darauf im Orient kein Wert gelegt wird. Man könnte auf die Idee kommen, das Datum sei hinzugefügt worden auf dem Weg des Briefs aus Osamas Haus in Abbottabad über die CIA zum Düsseldorfer Gericht. Zumindest macht sich die Verteidigung solche Gedanken.

© SZ vom 23.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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