Schäuble zu Geheimdienst-Überwachung:"Meine europäischen Kollegen regen sich nicht darüber auf"

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Finanzminister Wolfgang Schäuble kann die Aufregung in der Spähaffäre nicht nachvollziehen. (Foto: AFP)

Opposition und Regierungsmitglieder sind empört über die umfassende Überwachung Deutschlands durch den amerikanischen Nachrichtendienst NSA. Finanzminister Schäuble versteht die Aufregung nicht. Er sieht keine Alternative im Kampf gegen den Terror.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kann die Empörung in Deutschland über die Spähaffäre nicht nachvollziehen. "Meine europäischen Kollegen regen sich jedenfalls nicht darüber auf", sagte der frühere Innenminister dem Schwarzwälder Boten. "Ich bin nie der Meinung gewesen, dass Kommunikation, die weltweit erfolgt, nicht von Nachrichtendiensten überprüft werden darf. Wie wollen Sie ansonsten den international operierenden Terrornetzwerken auf die Spur kommen?"

Allerdings müsse die Überwachung im Rahmen rechtsstaatlicher Verfahren erfolgen, schränkte Schäuble ein. Er sei aber "überzeugt, dass wir einen Großteil unserer Sicherheit in Deutschland der Zusammenarbeit mit befreundeten Nachrichtendiensten zu verdanken haben".

Auch Generalbundesanwalt Harald Range hat die Zusammenarbeit von deutschen und US-amerikanischen Geheimdiensten als verständlich bezeichnet. Angesichts der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA sei es nachvollziehbar, dass "die Geheimdienste sehr eng zusammenarbeiten", sagte er. "Ob das zu eng war, wird man sehen." Dafür müsse man mehr Fakten haben. Die Bundesanwaltschaft prüft derzeit, ob sie im Zusammenhang mit der US-Spähaffäre für Ermittlungen wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit zuständig ist. Wie lange die Prüfung noch dauere, sei noch nicht abzusehen, sagte Range. Ermittlungen hat die Behörde bisher nicht aufgenommen.

Der CDU-Sicherheitsexperte Clemens Binninger sprach sich unterdessen für einen Geheimdienstbeauftragten nach dem Vorbild des Datenschutzbeauftragten aus. Die gegenwärtig elf Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums - darunter Binninger selbst - seien "aus personellen und zeitlichen Gründen gar nicht in der Lage, eine dauerhafte und wirksame Kontrolle der Geheimdienste zu leisten", sagte er der Südwest Presse.

Der Spiegel hatte unter Berufung auf Informationen des US-Informanten Edward Snowden berichtet, dass auch BND und Verfassungsschutz eine NSA-Spähsoftware namens XKeyscore nutzen. Mit der Software erfasste demnach die NSA selbst einen Großteil der monatlich bis zu 500 Millionen Datensätze aus Deutschland, auf die der Geheimdienst Zugriff haben soll. Die deutschen Dienste weisen die Vorwürfe zurück, in großem Umfang Daten an die NSA weitergeleitet zu haben.

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