Satirische Texte:Angriff auf Yücel abgewehrt

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Vor wenigen Tagen wurde Deniz Yücel aus türkischer Haft entlassen - nun fährt die AfD eine Kampagne gegen ihn. (Foto: Can Erok/dpa)
  • Die AfD will, dass die Bundesregierung Texte des aus türkischer Haft entlassenen Journalisten Deniz Yücel öffentlich rügt. Sie scheitert damit im Bundestag.
  • Es geht um Satiren, die Yücel für seinen früheren Arbeitgeber, die taz, schrieb.
  • Der Vorstoß entlarve die zweifelhafte Haltung der AfD zur Pressefreiheit, sagen Kritiker.

Von Jens Schneider, Berlin

Eine Woche nach der Freilassung von Deniz Yücel hat die Mehrheit des Bundestags in einer hoch emotionalen Debatte einen Antrag der AfD auf Missbilligung des Journalisten zurückgewiesen. Redner von CDU und CSU, SPD, FDP, Grünen und Linken sprachen von einem Angriff auf die Pressefreiheit. Sie warfen der AfD vor, politische Zensur vornehmen zu wollen. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki von der FDP nannte die Initiative der AfD in seiner Rede am Donnerstagabend einen "Antrag von intellektueller Erbärmlichkeit".

Die AfD hatte beantragt, dass der Bundestag die Bundesregierung dazu auffordern sollte, Äußerungen aus Artikeln des Journalisten Deniz Yücel zu missbilligen. Ihr Abgeordneter Gottfried Curio warf dem Journalisten in der Begründung "Deutschen-Hass" vor.

Der Korrespondent der Tageszeitung Die Welt war vergangene Woche nach einem Jahr aus türkischer Untersuchungshaft entlassen worden. Seither überzieht die AfD Yücel mit rüden Attacken. Es begann nach seiner Freilassung mit einem Facebook-Eintrag der Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel. Sie schrieb über den Journalisten, der einen deutschen und einen türkischen Pass hat, Yücel sei weder "Journalist noch Deutscher".

Am Donnerstag begrüßte die AfD in der Debatte zwar zunächst die Freilassung Yücels. Sie verband das aber mit Kritik an der Bundesregierung und behauptete, dass Yücel von ihr "eine Vorzugsbehandlung" genossen habe. Ihr Antrag auf Missbilligung bezog sich auf Äußerungen des Journalisten in zwei Kolumnen aus den Jahren 2011 und 2012. Er hatte die Kolumnen für die taz , seinen damaligen Arbeitgeber, geschrieben.

Die AfD wolle das Parlament für "braune Hetze" missbrauchen, sagt Linken-Chefin Kipping

Die Texte hatten satirischen Charakter. In einer der Kolumnen hatte Yücel in zugespitzter Form über den Bevölkerungsrückgang in Deutschland gespottet. In der anderen hatte er dem Buchautor Thilo Sarrazin einen Schlaganfall gewünscht. Sarrazin verklagte die taz wegen des Textes erfolgreich auf Unterlassung, Yücel entschuldigte sich in einer Klarstellung. Die AfD zitierte die Texte in ihrem Antrag ausführlich, ohne auf deren satirischen Charakter einzugehen.

Der Abgeordnete Curio sprach von einer "angeblichen Satire". Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken Jan Korte sprach in der Debatte von einem "Vollcrash der AfD mit der Pressefreiheit und den Grundrechten". Der Grüne Cem Özdemir sagte: "Der deutsche Bundestag benotet nicht die Arbeit von Journalisten." Er nahm Bezug auf türkenfeindliche Aussagen anderer AfD-Politiker und nannte sie Rassisten. "Sie wollen bestimmen, wer deutsch ist und wer nicht", rief er aus und warf der AfD vor, einen autoritären Staat zu wollen.

Für die CDU erklärte Elisabeth Motschmann, Meinungsfreiheit und Pressefreiheit seien nicht verhandelbar. Der Sozialdemokrat Martin Rabanus sagte, es dürfe in Deutschland nie wieder auch nur der Verdacht aufkommen, dass politische Zensur zulässig sei. Der CSU-Abgeordnete Volker Ullrich nannte die Aussagen der AfD-Fraktionschefin Weidel zu Yücel "niederträchtig und empörend". Sie bewege sich damit außerhalb des Verfassungsbogens, auch der Antrag sei verfassungsfeindlich. Das Parlament lehnte den AfD-Antrag mit klarer Mehrheit ab.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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