Profil:Wiktor Medwedtschuk

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Wichtig für Putin: Wiktor Medwedtschuk. (Foto: IMAGO/Kristina Kormilitsyna/SNA)

Multimillionär, Putin-Freund und hervorragender Kenner der politischen Manipulation.

Von Florian Hassel

Wiktor Medwedtschuk war nicht in Bestform, als ihn der ukrainische Geheimdienst SBU als Gefangenen vorführte. Zwar war Medwedtschuk Multimillionär, Politiker und persönlicher Freund von Russlands Präsident Wladimir Putin - doch er befand sich in der Ukraine. Als sich 2021 die Kriegswolken über der Ukraine verdichteten, ließ Präsident Wolodimir Selenskij Medwedtschuks Reichtum einfrieren, ihn wegen Hochverrat anklagen und unter Hausarrest stellen. Nach Putins Überfall am 24. Februar floh Medwedtschuk - doch wurde er am 12. April 2022 vom SBU gefasst: Das damalige Foto zeigt einen Mann, der am Ende zu sein scheint.

Doch schon am 21. September 2022 wurde Medwedtschuk gegen 215 ukrainische Soldaten ausgetauscht, lebt seitdem in Moskau und erneuert seinen Reichtum ebenso wie die Kunst der politischen Manipulation: der tschechischen Regierung zufolge etwa mit dem Propagandaprojekt "Voice of Europe", das Belgiens Regierungschef zufolge Europaparlamentarier für prorussische Positionen bezahlt haben soll.

Drei TV-Sender für Kreml-Propaganda

Der heute 70 Jahre alte Medwedtschuk war zu Sowjetzeiten Mitglied der kommunistischen Jugendorganisation Komsomol und gehörte zur vom KGB beaufsichtigten paramilitärischen "Einheit Felix Dscherschinsky". 1974 wurde Medwedtschuk zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er einen Teenager zusammengeschlagen hatte. Seiner Karriere tat dies keinen Abbruch; vier Jahre später wurde er gar Rechtsanwalt und dafür bekannt, dass er Dissidenten vor Gericht selbst beschuldigte, statt sie zu verteidigen.

In der unabhängigen Ukraine pflegte Medwedtschuk enge Beziehungen zu den aufeinanderfolgenden Präsidenten Leonid Krawtschuk und Leonid Kutschma, beide zuvor sowjetische Apparatschiks. 2004 soll Medwedtschuk als Stabschef Kutschmas bei massiven Wahlfälschungen geholfen haben, die Kremlfavorit Wiktor Janukowitsch ins Amt bringen sollten. 2004 war für Medwedtschuk auch wichtig, weil Wladimir Putin und dessen damaliger Stabschef Dmitrij Medwedjew die Paten seiner Tochter Daria wurden.

Seitdem mehrte Medwedtschuk mit Dutzenden oft im Ausland oder auf seine dritte Frau Oxana Martschenko registrierten Firmen seine Millionen, kontrollierte in der Ukraine eine Partei im Parlament und drei Kreml-Propaganda und Lügen wiederholende Fernsehsender: Der Krieg in der Ostukraine sei durch "ukrainische Verschwörer" begonnen worden; Ukrainer seien in Wahrheit Russen. Und auch mit Präsident Petro Poroschenko verstand sich Medwedtschuk gut. Dessen Nachfolger Selenskij ging erst gegen Medwedtschuk vor, als Versuche scheiterten, den von Putin in der Ostukraine schon 2014 begonnenen, schwelenden Krieg zu beenden, und Medwedtschuk als Vermittler ausfiel.

Möglich, dass Putin ihn in Reserve hält

Drei Monate nach Medwedtschuks Austausch im September 2022 meldete er sich im Kreml-Sprachrohr Iswestija und dem Propagandaprojekt "Die andere Ukraine" zurück. Seitdem vergeht kaum eine Woche, in der Medwedtschuk nicht gegen die EU, die USA oder den Westen allgemein stänkert, vom "verbrecherischen Regime Wladimir Selenskijs" oder über angebliche Fluchtpläne Selenskijs fantasiert. Dass er sich ausführlich in den Kreml-Agenturen Tass und Ria Nowosti äußern und mit "Voice of Europe" Anti-EU-Propaganda mitorganisieren darf, deutet ebenso wie "Die andere Ukraine" darauf, dass Putin Medwedtschuk als Option für den Fall einer Kontrollübernahme in Kiew in Reserve hält.

Das notwendige Kleingeld fehlt Medwedtschuk nicht: So ist er russischen Exilmedien zufolge erfolgreich dabei, über mutmaßliche Strohleute etwa Ölfirmen des bei Putin in Ungnade gefallenen russischen Oligarchen Alexej Chotin zu übernehmen. Auch für das Vergnügen ist gesorgt: Vor Kurzem ließ Medwedtschuks Frau die in Italien gebaute, knapp zehn Millionen Dollar teure und 28 Meter lange Yacht Amore Mio durch den russischen Zoll bringen, so das Exilmedium Werstka.

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