Russland:Putin könnte bis 2036 weiterregieren

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Wenn das Verfassungsgericht zustimmt, dürfte sich der Präsident doch einer weiteren Wiederwahl stellen.

Von Clara Lipkowski, Frank Nienhuysen, München

Der russische Präsident Wladimir Putin hat einen Weg gefunden, der ihm eine Verlängerung seiner Amtszeit bis ins Jahr 2036 ermöglichen könnte. Der 67-Jährige stimmte am Dienstag im russischen Parlament der Idee zu, seine bisherigen Amtszeiten auf null herabzusetzen, sollte das Verfassungsgericht dies zulassen. Dies kommt einem parlamentarischen Coup gleich. Nach bisherigem Recht müsste Putin eigentlich 2024 seinen Posten abgeben. Seit Monaten war gerätselt worden, ob Putin vorher die Verfassung zu seinen Gunsten ändern würde.

Die Staatsduma war ursprünglich am Dienstag zusammengekommen, um in der zweiten und entscheidenden Lesung über die größte Verfassungsänderung in der Geschichte Russlands abzustimmen. Diese hatte Putin selbst im Januar angestoßen, das Votum dafür galt als sicher. Doch dann schlug die Abgeordnete Walentina Tereschkowa vor, die Amtszeiten des Präsidenten auf null zu setzen und eine entsprechende Ergänzung in die Verfassung aufzunehmen. Duma-Sprecher Wjatscheslaw Wolodin unterbrach daraufhin die Versammlung. Nach einigen Beratungen trat dann Wladimir Putin in der Duma ans Pult.

"Im Prinzip wäre diese Option möglich, aber unter einer Bedingung: dass das Verfassungsgericht offiziell zu dem Schluss kommt, dass eine solche Änderung nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen des Grundgesetzes steht", sagte er. Putin knüpfte die Umsetzung der Idee zudem an den Volksentscheid. Am 22. April stimmen die Russen über die Verfassungsreform ab - und nun wohl auch über die Gesetzesergänzung, die Putin zum Dauerpräsidenten machen könnte. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Mehrheit der Bürger für die Reform stimmt. Doch der Coup erinnert an die Jahre 2008 und 2012. Damals, 2008, musste Putin nach zwei Amtszeiten als Präsident abtreten und tauschte kurzerhand mit Premier Dmitrij Medwedjew den Posten. 2012 kehrte Putin zurück ins Präsidentenamt und löste damit in Russland Massenproteste aus.

Auch jetzt kündigten Kritiker Kundgebungen an. Die Duma stimmte am Dienstag mit großer Mehrheit für die Reform. 382 Abgeordnete stimmten dafür, 44 enthielten sich, unter ihnen Vertreter der Kommunistischen Partei. Gegen die Idee stimmte niemand. Derzeit läuft Putins vierte Amtszeit als Präsident, die Verfassungsänderung, die er vorantreibt, sieht eigentlich vor, dass eine Person maximal zwei Amtszeiten regieren darf. Putin sprach sich am Dienstag einerseits dagegen aus, dass die Begrenzung aufgehoben wird. Andererseits zielt er damit lediglich auf einen Präsidenten ab, der ihm eines Tages nachfolgen wird. Eine vorgezogene Parlamentswahl, wie am Dienstag diskutiert, lehnte er ab.

Die reformierte Verfassung soll künftig Mindestlöhne und -renten garantieren. Im Gesetz soll außerdem der Bezug auf Gott und die Ehe als alleinige Vereinigung von Mann und Frau festgeschrieben werden. Der Staatsrat soll aufgewertet, dessen genaue Aufgaben aber noch festgelegt werden. Putin war bereits als dessen Leiter mit erweiterten Befugnissen im Gespräch gewesen. Doch er sprach sich am Dienstag gegen eine solche doppelte Macht aus.

© SZ vom 11.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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