Rückkehr nach Honduras:Konvoi in die Konfrontation

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Honduras' gestürzter Präsident Manuel Zelaya begibt sich per Autokarawane auf die Heimreise - und überquert kurz die Grenze. Niemand hält ihn auf.

Peter Burghardt

200 Meter waren es noch bis zur Grenze, und da stand der gestürzte Präsident von Honduras nun wie in einem Western. Manuel Zelaya trug Cowboyhut und schwarze Weste zum weißen Hemd, am Ohr ein Telefon. Am späten Freitag schien sich tatsächlich Zelayas Rückkehr zu ereignen, knapp einen Monat nach dem Staatsstreich am 28. Juni.

Auf dem Weg in die Heimat: Der von Putschisten abgesetzte Präsident Manuel Zelaya bei seiner Abfahrt in Richtung Honduras. (Foto: Foto: AFP)

Der entmachtete Staatschef wartete auf nicaraguanischem Gebiet, dann bewegte er sich langsamen Schrittes Richtung Heimat. Es öffnete sich ein Korridor zwischen Journalisten und Sympathisanten. Gegenüber auf der honduranischen Seite hatten sich Einheiten von Honduras' Militär aufgebaut. Zelaya hob eine Absperrkette, die aufgespannt worden war, und betrat Honduras. Niemand hielt ihn auf, obwohl ihm die Putschisten seine sofortige Verhaftung angekündigt hatten.

Eine Stunde später kehrte er wieder auf nicaraguanischen Boden zurück. Niemand wusste in diesen Momenten, wie es weitergehen sollte. Angereist war Zelaya jedenfalls in einem weißen Jeep aus Nicaraguas Hauptstadt Managua.

Eskortiert wurde er von einem Konvoi mit unter anderem Außenministerin Patricia Rodas, Venezuelas Außenminister Nicolás Maduro und Nicaraguas Sandinisten-Legende Edén Pastora, genannt Comandante Cero. "Ich kehre zurück, ohne Waffen", hatte Zelaya erklärt. Er erwarte seine Familie und verlange ein Gespräch mit der Armeeführung, sagte er am Grenzübergang Las Manos. "Ich erwarte eine weise Berichtigung. Man kann nicht gegen einen vertriebenen Präsidenten und das Volk regieren." Das mittelamerikanische Drama erlebte seinen nächsten Höhepunkt, Ausgang ungewiss.

Der erste Showdown hatte sich am 5. Juli ereignet, eine Woche nach Zelayas Absetzung und Verschleppung. Damals versuchte der Presidente mit einem Learjet in Tegucigalpa zu landen, doch die Umstürzler ließen die Piste versperren und auf unbewaffnete Demonstranten schießen. Seither vermittelte Costa Ricas Friedensnobelpreisträger Óscar Arias und schlug einen Kompromiss vor.

Demnach soll der vormals konservative und unterdessen linksgerichtete Zelaya bis zum Ende seines Mandats im Januar 2010 eine Einheitsregierung führen. Das lehnte die isolierte Putschregierung von Roberto Micheletti bis zuletzt ab, trotz zunehmenden Drucks aus dem Ausland. "OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) und UN verlangen meine sofortige Wiedereinsetzung", so Zelaya.

Beobachter befürchten Gewalt ob dieses Solos, zumal die weltweit geächtete Micheletti-Riege mit dem gewohnten Impuls reagiert hatte. Das Militär riegelte das Grenzgebiet ab und verhängte eine Ausgangssperre. Bei Angriffen auf protestierende Zelaya-Anhängern gab es Verletzte. Oberster Gerichtshof, Armee und Parlament werfen Zelaya Verfassungsbruch, Korruption und Hochverrat vor. Allerdings gab es bislang kein unabhängiges Verfahren, in dem die Vorwürfe geklärt werden könnten. Stattdessen brechen die Verschwörer seit Wochen selbst das Recht.

Auch eine Menschenrechtsdelegation der Organisation Fian International beschuldigt das Regime schwer. Fünf Menschen seien nach dem Putsch getötet worden, darunter der Oppositionspolitiker Ramón García, der Journalist Gabriel Fino Noriega, der Gewerkschafter Iván Roger Bados und der 19-jährige Demonstrant Isis Obed Murillo.

Ihn erschossen Soldaten hinterrücks, als sich Zelaya dem Flughafen näherte. Murillos Vater, Pfarrer und Umweltaktivist, wurde später festgenommen. Laut Fian und Polizeiangaben befinden sich 1275 Menschen in Haft, weil sie gegen die Ausgangssperre verstoßen hätten, darunter mehrere Nicaraguaner. Auch bestätigte Fian Angriffe auf die Pressefreiheit, Besetzungen von Sendern und Drohungen gegen Journalisten. Fian-Vertreter Martin Wolpold-Bosien spricht von "massiven und widerrechtlichen Übergriffen gegen die Zivilbevölkerung" und fordert: "Die internationale Gemeinschaft muss jegliche Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen in Honduras beenden, solange die Menschenrechtsverletzungen andauern."

Micheletti wird von kaum einer Regierung anerkannt. OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza sagte: "Die konstitutionelle Ordnung muss wieder hergestellt werden." Jedoch warnte er vor Zelays Vorstoß, beide Lager sollten dem Arias-Plan folgen.

Washington verurteilte den Putsch, schien aber trotz ihrer US-Base in Honduras keinen entscheidenden Einfluss dagegen auszuüben. US-Außenministerin Hillary Clinton kritisierte Zelayas Grenzübertritt als "rücksichtslos". Der Schritt werde nicht dazu beitragen, die demokratische und verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen, sagte sie. Das State Department lud Zelaya für kommende Woche ein.

© SZ vom 25.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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