Richtungsstreit in der AfD:Luckes Fiasko

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Bernd Lucke hat seine Stärke überschätzt. Jetzt steht er in der AfD vor dem Nichts. (Foto: dpa)

Mit seinem "Weckruf 2015" wollte der AfD-Chef einen Befreiungsschlag landen. Doch Bernd Lucke hat seine Stärke überschätzt, seine Kontrahenten triumphieren. Aber auch sie werden sich nicht lang freuen können.

Von Jens Schneider

Die Mitteilung am Dienstagmorgen erschien wie ein schrilles Stück Selbstironie von Bernd Lucke, dem man freilich Selbstironie nicht zutraut. Da teilte die AfD mit, dass Lucke gegen die von einem Wirtschaftswissenschaftler vorgeschlagene Abschaffung des Bargelds sei - zu einem Zeitpunkt, da alle nur über die Abschaffung der AfD sprechen. Luckes hilflose Botschaft sollte sein: Dafür stehe ich, und ich bin noch da, gehöre dazu.

Wenn er sich da mal nicht irrt. Mit seinem "Weckruf 2015" will Lucke die gemäßigten Mitglieder der AfD hinter sich versammeln, die Gründung einer neuen Partei als Drohkulisse aufbauen, mehr erst mal nicht. Doch diesen Befreiungsschlag hat er amateurhaft vorbereitet. Seine Gegner machten den Plan vorzeitig öffentlich, sabotierten ihn. So ist ihm die Kontrolle darüber ebenso entglitten wie zuvor die Herrschaft über die Partei. Der Mann, der die Identifikationsfigur der AfD war, wirkt wie ein Verzweifelter, den die anderen Parteigrößen spottend vor sich hertreiben.

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:Lucke-Lager warnt vor deutschem Front National

Was will der AfD-Flügel um Bernd Lucke mit seinem "Weckruf 2015"? Der Parteichef betont, dass dies "keine Initative für einen Massenaustritt" sei - im Gegenteil. Die Partei habe ihm trotzdem den Zugang zum E-Mail-Verteiler gesperrt.

Lucke hat seine Stärke überschätzt

Es liegt wenige Monate zurück, dass Lucke sich beim Bremer Parteitag als Sieger feiern ließ. Damals glaubten auch seine Widersacher, dass sie ihn noch einige Zeit dulden müssen, weil er die Mehrheit der Basis hinter sich hatte. Aber Lucke hat den Erfolg von Bremen, als die Satzung nach seinem Wunsch beschlossen wurde, fehlinterpretiert, seine Stärke überschätzt und zu viel gewollt. Während er die Partei nach seinen Wünschen formen wollte, bauten die taktisch geschickten Widersacher ihre Position aus. In einer Art Verzweiflungstat fordert er nun von der Partei alles oder nichts. Das Nichts wirkt wahrscheinlicher.

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Mit seinem "Weckruf 2015" versucht der Parteivorsitzende Bernd Lucke die AfD-Mitglieder für sich zu gewinnen. Er warnt vor einem deutschen Front National. Seine parteiinterne Kontrahentin ist die Ko-Vorsitzende Frauke Petry, die den konservativen Flügel vertritt.

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Zwar weiß niemand, wie die einfachen Mitglieder ticken, auf die Lucke spekuliert. Gewiss ist nur, dass viele Funktionäre auf der Gegenseite stehen - eben die diffuse Mischung aus Konservativen und Karrieristen, die er beklagt. Er dürfte bei den Delegierten auf dem Parteitag im Juni keine klare Mehrheit haben. Und selbst wenn Tausende einfache Mitglieder Luckes Flügel durch ein Bekenntnis zu ihm stärken sollten: Noch immer gäbe es die Phalanx der Gegner, die machtvolle Positionen hält und sich nicht unterwerfen wird. Wie wenig die Kontrahenten zum Kompromiss fähig sind, demonstrieren sie gerade.

Ihr Image als rechte Reste-Rampe wird die Partei kaum noch los

Was also wird von der so fulminant gestarteten bürgerlichen AfD übrig bleiben? Erst einmal stehen ihr bis zum Parteitag weitere chaotische Wochen bevor. Sollte Lucke dann bleiben, was derzeit als bizarre Option erscheint, dürfte der Streit weitergehen. Geht es ohne ihn und seine Weggefährten weiter, dürfte die AfD es schwerhaben, ihr Image als rechte Reste-Rampe abzuschütteln. Nicht allein, weil Lucke und der wirtschaftsliberale Flügel fehlen, sondern weil dieses Image der Realität entspricht.

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Die Ko-Vorsitzende Frauke Petry wirft AfD-Parteigründer Bernd Lucke Erpressung vor - und warnt ihn: Niemand ist unersetzlich.

Von Jens Schneider

Viele in der Partei stehen tatsächlich weit rechts der Mitte oder finden es zumindest verlockend, mit Ressentiments zu spielen. Es wäre das Ende der AfD, wie sie mal gedacht war, in diesem Punkt liegt Lucke richtig. Er mag kein großer Taktiker sein, seine Analysen eignen sich als Grabinschrift für seine Partei vortrefflich.

© SZ vom 20.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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