Till Mayer muss viel aushalten und hält viel aus auf seinen Reisen. Im dürregeplagten Äthiopien trifft er 2000 auf ausgehungerte Menschen, die nur noch Haut und Knochen sind. 2004 besucht er armselige Flüchtlingscamps in der Demokratischen Republik Kongo und 2017 ist er im schwer beschädigten Mossul im Irak unterwegs.
Seit mehr als zwanzig Jahren reist der Journalist und Fotograf während seiner Urlaubszeit in Krisenregionen. Dabei dokumentiert er mit seiner Kamera vor allem die Langzeitfolgen von Konflikten und Kriegen. Nun liegt ein literarischer Querschnitt seiner Arbeit vor: ein Bildband, in dem zahlreiche Schwarz-Weiß-Fotos und informative Begleittexte dreizehn seiner "Dunklen Reisen" veranschaulichen.
Mayer ist Lokalredakteur beim fränkischen Obermain-Tagblatt und freier Mitarbeiter bei Spiegel Online, also weder Kriegsberichterstatter noch Medien-Zyniker, der von schlechten Nachrichten aus aller Welt gut lebt.
Seine Motivation reicht zurück bis zu jugendlichen Pfadfinder-Aktionen und der Teilnahme an einem Hilfsgütertransport nach Bosnien ins zerstörte Mostar:
"Schnell lernte ich, dass Krieg kein Abenteuer ist. Ich traf Menschen, denen er alles genommen hatte. Ihre Heimat, ihre Familie, ihre Freunde. Teile ihres Körpers, wenn Granaten- oder Minenexplosionen Hände und Füße, Arme und Beine abgerissen hatten ... Ich blickte in die Augen von Menschen, die getötet hatten. Langsam lernte ich, was es bedeutet, wenn der Krieg die Seele auffrisst."
In dem Buch ist einiges über Täter und Opfer aus dem Vietnamkrieg zu erfahren. Zu sehen sind atmosphärisch dichte Aufnahmen aus Chicago und Quang Nam.
Es sind Einblicke in das beschwerliche Leben eines traumatisierten US-Veteranen und einer vietnamesischen Mutter mit ihren Kindern; sie sind körperlich und psychisch geschädigt durch das giftige Entlaubungsmittel Agent Orange, einst versprüht vom amerikanischen Militär. Mayer war beim Fotografieren nah an den Personen dran, trotzdem porträtiert er einfühlsam.
Zudem erweisen ihn seine Prosanotizen als kritischen Mikro-Historiker. Am Beispiel einfacher Leute verdeutlicht er Aspekte globaler Tristesse. Eine Darstellungsweise, die der amerikanische Autor Raymond Chandler so auf den Punkt gebracht hat: "The best way to comment on large things is to comment on small things." Das Große im Kleinen anschaulich machen ist damit gemeint.
Die kleinen Dinge sind es oft auch, worüber sich notleidende Menschen freuen. Till Mayer unterstützt neben seiner journalistischen Arbeit das Rote Kreuz und den Roten Halbmond. Die Dankbarkeit, die er dabei erfährt, gibt ihm Kraft, all das Elend auszuhalten und weiterhin "Dunkle Reisen" zu unternehmen.