"Reichsbürger":Nach der Katastrophe

Wer diesen Staat ablehnt und bekämpft, der muss damit zwangsläufig das Recht auf Waffenbesitz verlieren.

Von Detlef Esslinger

Angeblich ziehen Menschen Konsequenzen immer erst dann, wenn es eine Katastrophe gab; nicht aber, wenn sich eine solche nur abzeichnet. Im Fall des "Reichsbürgers" Wolfgang P. kann man den Beamten im Landratsamt Roth diesen Vorwurf definitiv nicht machen. Nachdem sich der Mann, ein Sportschütze und Jäger, im Sommer vor mehreren Behörden als "Reichsbürger" bezeichnet hatte, entzog ihm das Amt vorsichtshalber die Erlaubnis, Waffen zu besitzen. Die Katastrophe geschah bei dem Versuch, den Bescheid zu vollziehen, er kostete einen Polizisten das Leben.

Wem das Milieu der Sportschützen und Jäger sehr fremd ist, der wundert sich ohnehin, dass es nicht nur im wilden Amerika Bürger gibt, die ganz legal Dutzende Waffen horten dürfen, sondern auch in Deutschland. Das Landratsamt Roth traf eine Einzelfallentscheidung, aus der mehrere Innenminister nun eine generelle Linie machen wollen: Wer sich "Reichsbürger" nennt, der erklärt damit, dass er diesen Staat ablehnt und bekämpft - und liefert schon so den Grund, ihm etwaige Waffen zu entziehen.

Hätte man den Gedanken schon früher haben können? Jetzt kommt auch heraus, dass in Bayern sogar mehrere Polizisten offenbar seit längerem als "Reichsbürger" aktiv sind. Sagenhaft. Erst jetzt wird endlich an Suspendierungen gearbeitet. Es ist anscheinend doch immer erst die Katastrophe, die allen die Sinne schärft.

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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