Regierung:Schlappe für Trump: Gericht entscheidet gegen Einreisedekret

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Demonstranten auf dem Seattle-Tacoma International Airport in Seattle. Zuvor hatte der US-Präsident weitreichende Einreisebeschränkungen verfügt. (Foto: Genna Martin/seattlepi.com)

New York (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat seine erste Schlappe erlitten. Ein Gericht in New York fror in der Nacht einen Teil seines Einreisestopps für viele Muslime ein. Mit dem Urteil errangen Bürgerrechtsorganisationen im Kampf gegen Trumps Dekret vom Freitag einen wichtigen Teilsieg.

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New York (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat seine erste Schlappe erlitten. Ein Gericht in New York fror in der Nacht einen Teil seines Einreisestopps für viele Muslime ein. Mit dem Urteil errangen Bürgerrechtsorganisationen im Kampf gegen Trumps Dekret vom Freitag einen wichtigen Teilsieg.

Der Gerichtsentscheid legt nahe, dass der Erlass gegen die US-Verfassung verstößt. Die Klärung soll vermutlich in einigen Wochen erfolgen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält das von der US-Regierung verhängte Einreiseverbot gegen Flüchtlinge und Bürger einiger mehrheitlich muslimischer Staaten für falsch. „Sie ist überzeugt, dass auch der notwendige entschlossene Kampf gegen den Terrorismus es nicht rechtfertigt, Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Das Gericht verfügte, dass seit Freitag in den USA eingetroffene Flüchtlinge oder Besucher aus den vom Bann betroffenen Ländern zunächst nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden dürfen. Voraussetzung ist der Besitz eines gültigen Visums oder einer Greencard, der Schutzstatus des Flüchtlingsprogramms der USA oder eine andere offizielle Berechtigung, in die USA einzureisen.

Der Spruch gilt landesweit. Es war nicht klar, ob alle Festgehaltenen auf freien Fuß gesetzt werden müssen. Die Regierung ist angehalten, eine Liste aller Festgehaltenen zu veröffentlichen. Vermutlich sind es etwa 200 Menschen.

Richterin Ann M. Donnelly begründete ihre Entscheidung unter anderem so: „Es besteht bei fehlender Begründung der Abschiebung die unmittelbare Gefahr substanzieller und irreparabler Schäden für Flüchtlinge, Visa-Inhaber und Individuen derjenigen Nationen, die vom präsidialen Erlass des 27. Januar betroffen sind.“

Trumps Anordnung hatte zur Folge, dass Einreisende nach ihrer Ankunft auf US-Flughäfen in Gewahrsam genommen und am Verlassen des Transitbereichs gehindert worden waren. Allein auf dem Kennedy-Airport in New York und auf den internationalen Flughäfen von Chicago, Houston und Washington DC wurden Dutzende Ausländer bei der Einreise abgefangen.

Das von Trump verfügte vorläufige Einreiseverbot für viele Muslime hatte zahlreiche Menschen in Verzweiflung gestürzt und Chaos auf Flughäfen in etlichen Teilen der Welt ausgelöst. Von Irakern über Jemeniten bis hin zu Sudanesen wurden Menschen mit gültigen Visa kurz vor ihrer Abreise auf heimischen Flughäfen oder bei Zwischenaufenthalten auf dem Weg in die USA gestoppt.

Mehrere strandeten nach ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten: Sie waren zum Zeitpunkt von Trumps Dekret am Freitagnachmittag (Ortszeit) schon auf dem Weg in die USA und wurden bei ihrer Ankunft in Gewahrsam genommen.

An Flughäfen in mehreren US-Städten protestierten tausende Menschen dagegen. Allein am New Yorker Flughafen JFK waren es mehr als 1000, die friedlich demonstrierten. Sie skandierten „So sieht Demokratie aus“ oder „Lasst sie rein“. Auch in Metropolen wie Washington, Los Angeles, San Francisco, Chicago und Dallas gab es Demonstrationen.

Die US-Bürgerrechtsorganisation ACLU hatte zusammen mit zwei anderen Gruppen im Namen mehrerer Festgehaltener Beschwerde vor Gericht eingereicht. Die ACLU will auch die anderen Teile von Trumps Dekret angreifen.

Weltweit hatten Menschenrechtler Empörung geäußert über Trumps Verfügung. Es gab auch erste politische Konsequenzen: Der Iran lässt nach eigenen Angaben nun selbst keine US-Bürger mehr einreisen.

Trump hatte als ein Kernstück seines Anti-Terror-Kampfes einen 90-tägigen Einreisestopp für Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern verfügt, die „bestimmten Anlass zur Sorge“ hinsichtlich Terrorismus gäben: Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen. Flüchtlinge aus aller Welt sind zumindest für 120 Tage ausgesperrt, jene aus Syrien sogar auf unbestimmte Dauer.

Trump will die Verbote erst dann wieder aufheben, wenn „angemessene“ Überprüfungsmechanismen aus seiner Sicht sicherstellen, dass keine „radikalen islamischen Terroristen“ in die USA gelangen.

Am Samstag betonte er, die Maßnahmen seien nicht gleichbedeutend mit einem Muslim-Bann. Und sie funktionierten „sehr schön“ - das könne man auf den Flughäfen sehen.

Eine Reaktion des Weißen Hauses auf den Gerichtsentscheid gab es zunächst nicht.

US-Präsident Trump verfügte derweil eine weitreichende Umstrukturierung des Nationalen Sicherheitsrats. Demnach soll unter anderem sein Chefstratege Stephen Bannon zukünftig Zugang zu allen Sitzungen des Gremiums bekommen, wie das Weiße Haus am Samstag auf seiner Webseite mitteilte. Auch der Stabschef im Weißen Haus, Reince Priebus, ist demnach zu allen Treffen eingeladen. Der Nationale Sicherheitsrat ist ein beratendes Gremium, das die Außen- und Sicherheitspolitik der USA maßgeblich mitbestimmt.

Bannon ist umstritten. In dem sozialen Netzwerk Twitter stand „#StopPresidentBannon“ am Sonntagmorgen auf dem dritten Platz der Trends für die US-Hauptstadt Washington, gleich hinter Protestaktionen gegen das US-Einreiseverbot für Muslime. Platz sieben belegte „NationalSecurityCouncil“. Auch bei Facebook häuften sich kritische Kommentare.

Der ehemalige Chef des konservativen Nachrichtenportals „Breitbart News“ hatte erst am Donnerstag die Medien attackiert. In einem Interview der „New York Times“ kritisierte er die Wahl-Berichterstattung der renommierten Zeitung und stellte klar, dass er die Medien als politischen Gegner begreife. „Die Medien sind die Oppositionspartei“, sagte Bannon der Zeitung.

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