Potsdam:Trauer um Stolpe: „Überragende politische Persönlichkeit“

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Manfred Stolpe (SPD). (Foto: Peter Endig/dpa-Zentralbild/dpa)

Der erste Brandenburger Ministerpräsident nach der Wiedervereinigung, Manfred Stolpe, ist tot. Er starb am Sonntag im Alter von 83 Jahren, wie die Staatskanzlei...

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Potsdam (dpa) - Der erste Brandenburger Ministerpräsident nach der Wiedervereinigung, Manfred Stolpe, ist tot. Er starb am Sonntag im Alter von 83 Jahren, wie die Staatskanzlei am Montag mitteilte. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erklärte: „Dies ist ein Tag tiefer Trauer. Wir nehmen Abschied von einem großen Mann, der unser junges Land geprägt hat wie niemand sonst.“ Das Brandenburger Innenministerium ordnete ab Montag eine dreitägige landesweite Trauerbeflaggung an. Zudem liegt ab Dienstag in der Staatskanzlei für die Öffentlichkeit ein Kondolenzbuch aus.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Stolpe als „überragende politische Persönlichkeit“. Er habe „weit über die Grenzen Brandenburgs hinaus den Weg Ostdeutschlands in die Demokratie des geeinten Deutschland geprägt und gestaltet“, hieß es in einem Kondolenzschreiben an Stolpes Witwe. Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erinnerte an seinen einstigen Weggefährten: „Manfred Stolpe war ein großer Sozialdemokrat, aber vor allem war er ein großartiger Mensch.“

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) betone die politische Klugheit und menschliche Wärme des 83-Jährigen. Stolpe habe „in den schwierigen Anfangsjahren nach der Wiedervereinigung Halt und Richtung gegeben“. Er habe ihn stets als besonnenen und zielgerichteten Politiker erlebt. „Deutschland hat mit ihm einen Politiker verloren, der sich auch im Ruhestand aktiv für den Erhalt historischer Baukultur einsetzte“, sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).

„Mit Manfred Stolpe verliert Brandenburg eine herausragende Persönlichkeit, einen leidenschaftlichen Politiker und eine große Identitätsfigur“, betonte Ursula Nonnemacher (Grüne), Brandenburger Gesundheits- und Sozialministerin. Der sächsische SPD-Chef Martin Dulig würdigte Stolpe als engagierten Sozialdemokraten und einen „Menschen mit Herz und Seele“. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bezeichnete ihn als einen wichtigen Vertreter der neuen Länder.

Stolpe wurde 1936 bei Stettin geboren und studierte nach dem Abitur in Greifswald ab 1955 an der Uni Jena Rechtswissenschaften. Danach zog es ihn in den Kirchendienst. In der DDR galt er als Vordenker einer Kirchenpolitik, die sich als „Kirche im Sozialismus“ verstand. In den 1980er Jahren war er als Konsistorialpräsident der Ostregion der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg auch im Westen bekannt.

1990 wurde Stolpe SPD-Mitglied und wurde im November von einer Ampelkoalition aus SPD, FDP und Bündnis 90 zum ersten Ministerpräsidenten Brandenburgs gewählt. Einen Namen machte er sich als Vertreter der Interessen Ostdeutschlands. Er forderte staatliche Programme zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und eine Kurskorrektur bei der Treuhandanstalt, die Volkseigene Betriebe fit machen und privatisieren sollte.

Seine Vergangenheit wurde immer wieder kritisch thematisiert. Stolpe hatte als Kirchenfunktionär Kontakte mit der Stasi, die Behörde führte ihn gar als Inoffiziellen Mitarbeiter. Die Leitung der evangelischen Kirche erklärte Mitte der 1990er Jahre nach einer Untersuchung, Stolpe sei ein „Mann der Kirche und nicht der Stasi gewesen“. 2005 - Stolpe sprach von später Genugtuung - entschied das Bundesverfassungsgericht zudem, dass Stolpe nicht als Stasi-Mitarbeiter zu bezeichnen sei.

In den 1990er Jahren war Stolpe in Brandenburg sehr beliebt - doch Vorzeigeprojekte wie der Lausitzring, der Cargolifter oder die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) scheiterten oder liefen nicht wie erhofft. Überraschend erklärte Stolpe 2002, als Regierungschef zurücktreten zu wollen, um einen Generationenwechsel zu ermöglichen.

Ähnlich überraschend wurde Stolpe wenige Monate später im zweiten Kabinett von SPD-Kanzler Gerhard Schröder als „Gesicht des Ostens“ Verkehrsminister. Nach der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 trat Stolpe dann von der politischen Bühne ab. Im Hintergrund kümmerte er sich verstärkt um den Erhalt historischer Baukultur. Trotz einer Krebserkrankung nahm Stolpe zunächst noch viele Termine wahr und meldete sich auch immer wieder zu Wort.

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