Reform der Bundeswehr:SPD kritisiert Guttenbergs "Placebo"

Lesezeit: 2 min

Die SPD will sich im Streit um die Wehrpflicht nicht mit Guttenbergs Vorschlag einer Freiwilligen-Armee abspeisen lassen. SPD-Experte Rainer Arnold hält den Vorschlag auch sicherheitspolitisch für unverantwortlich.

Susanne Klaiber

Gut abgekupferte Idee oder fataler Vorschlag: Die Pläne von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zur Reform der Bundeswehr rufen bei den Experten der anderen Bundestagsfraktionen ein geteiltes Echo hervor.

Einsatz unter deutscher Flagge: Die Bundeswehr umfasst derzeit knapp 250.000 Soldaten. (Foto: dpa)

Der Verteidigungsexperte der SPD, Rainer Arnold, kritisiert Guttenbergs Vorschlag als "Placebo", die Grünen begrüßen Guttenbergs Reformplan. Nach SZ-Informationen plant Verteidigungsminister Guttenberg, die Bundeswehr auf 165.000 Soldaten zu schrumpfen und die Wehrpflicht auszusetzen. Wer dennoch Wehrdienst leisten möchte, soll das aber dürfen. Die Experten in Guttenbergs Ministerium rechnen im Falle dieser Reform mit jährlich 7500 Freiwilligen.

"Wenn Guttenberg bei uns abkupfert, ist das eine gute Idee", sagte der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, zu sueddeutsche.de. Seine Partei plädiere schließlich schon seit 2004 für diese Reform. Nouripour sieht in Guttenbergs Plänen faktisch eine Abschaffung der Wehrpflicht. Die Komponente mit den Freiwilligen nutze Guttenberg lediglich, um konservative Parteifreunde zu überzeugen. Redlich sei das aber nicht.

In der Union gibt es massive Vorbehalte gegen eine Aussetzung der Wehrplicht. CSU-Chef Horst Seehofer kündigte bereits Widerstand gegen die Pläne Guttenbergs an.

Verteidigungsexperte Arnold kritisiert die Pläne Guttenbergs scharf. Für 7500 Rekruten lohne sich der ganze Aufwand nicht, sagt er zu sueddeutsche.de, das sei nur ein Placebo, um Befürworter der Wehrpflicht ruhigzustellen. Derzeit leisten mehr als 32.000 Männer ihren Grundwehrdienst ab, weitere 26.000 haben ihn freiwillig verlängert.

7500 Personen seien auch zu wenige, um genügend Nachwuchs zu rekrutieren, so der SPD-Politiker. "Wir müssen ein gesellschaftliches Paket schnüren, damit sich noch mehr freiwillig melden."

Elke Hoff, sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, sicherte Guttenberg ihre Unterstützung zu. Die Truppe müsse schnell, flexibel und beweglich sein und vor allem einsatzfähiger werden. "Deswegen ist eine Aussetzung der Wehrpflicht unvermeidlich", ließ die Verteidigungsexpertin mitteilen.

Neben Änderungen bei der Wehrpflicht will Guttenberg nach SZ-Informationen auch die Zahl der Zeit- und Berufssoldaten von derzeit 195.000 auf 156.000 senken. Insgesamt bestünde die Bundeswehr dann nicht mehr aus knapp 250.000 Soldaten, sondern höchstens aus etwa 165.000.

Auch damit ist der SPD-Sicherheitsmann Arnold nicht einverstanden. "Mit so einer Personalstärke kann Deutschland keinen ernsthaften Beitrag zur Bündnissicherheit liefern", kritisiert Arnold. Wenn ein wirtschaftsstarkes Land wie Deutschland sich "abmeldet", sei das sicherheitspolitisch nicht zu verantworten. Es bestehe die Gefahr, dass sich kleinere Länder im Osten dann stärker an den USA orientierten. "Das ist fatal für die europäische Entwicklung."

Der Deutsche Bundeswehrverband erwartet von der Bundesregierung Gegenleistungen, sollte die Reform tatsächlich so durchgesetzt werden. "Wenn die Armee kleiner ist, muss sie auch feiner sein - sie braucht also eine bessere Ausstattung", sagte Sprecher Wilfried Stolze. Um die Bundeswehr für Freiwillige attraktiv zu machen, brauche es eine Anschubfinanzierung von einer Milliarde Euro.

Die Pläne Guttenbergs hätten bei ihrer Umsetzung auch Auswirkungen auf den Zivildienst, denn wenn junge Männer nicht mehr zum Wehrdienst eingezogen werden, könnte auch niemand mehr zum Zivildienst verpflichtet werden, wie derzeit 40.000 junge Männer. Dies könnten die sozialen Einrichtungen nach Einschätzung des Vereins "Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer" bewältigen. Ihr Geschäftsführer Peter Tobiassen sagt, dass zwischen 1999 bis 2000 die Zahl der Zivildienstleistenden um 48.000 gesunken sei. Damals habe man das auch abfedern können. Allerdings hält er es für notwendig, mehr Plätze für ein freiwilliges soziales Jahr zu schaffen. Davon gebe es zu wenig. "Es ist ein Skandal, dass wir es uns leisten, Leute abzuweisen, die bereit sind, sich für ein Taschengeld zu engagieren."

© sueddeutsche.de mit Informationen von dpa und apn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: