Thailand ist ein Urlaubsparadies, mit unglaublich schönen Stränden, gutem Essen, bezahlbaren Hotels. Aber es gibt eine andere, dunkle Seite im selbst ernannten "Land das Lächelns". Es ist das zweite Gesicht Thailands. Die Polarisierung der gesellschaftlichen Lager hat in den vergangenen Jahren Ausmaße angenommen, die das Land ins Taumeln bringt. In den Touristenhochburgen Pattaya, Phuket und Koh Samui war davon bislang wenig zu spüren, Politik wird an anderen Orten gemacht, aber mit extrem harten Bandagen. In Bangkok ist am Donnerstag nun eine politische Erschütterung zu spüren, die Thailand noch lange Zeit in Atmen halten wird - Ausgang ungewiss.
Das thailändische Militär hat die Macht übernommen, ein lupenreiner Putsch, der 19. in der Geschichte des Königreiches Thailand. Auch die Verfassung wurde außer Kraft gesetzt. Der Schritt ist Ausdruck einer extremen Instabilität der politischen Institutionen, die systematisch ausgehebelt worden sind. Armeechef Prayuth Chan-ocha hatte bereits vor zwei Tagen das Militärrecht verhängt: Die Maßnahme sei, hatte der Oberkommandierende der Streitkräfte da noch in aller Deutlichkeit gesagt, kein Putsch. Die Generäle wollten doch nur vermitteln, wollten die beiden Streitparteien an einen Tisch bringen. Aber wie soll man in einem Konflikt vermitteln, der so verhärtet ist, dass lösungsorientierte Gespräche nicht möglich sind? Das Militär hat die Gespräche der beiden Konfliktparten jedenfalls am Donnerstag für gescheitert erklärt. Prayuth erklärte in einer Fernsehansprache, die Streitkräfte würden die Ordnung im Lande wiederherstellen und politische Reformen durchsetzen. Aber was soll das heißen?
Es gab eine demokratisch gewählte Regierung. Und auch wenn sie einen zweifelhaften Leumund hat, war sie mit einem eindeutigen Mandat ausgestattet. Jetzt ist sie abgesetzt. Kurzfristig habe Prayuth aber gezeigt, dass er an einer Vermittlung der verfeindeten Lager interessiert gewesen sei, sagt der Politikwissenschaftler Aurel Croissant, Thailand-Experte am Südasien-Institut der Universität Heidelberg, unmittelbar nach Ausrufung des Putsches. "Nun müsste der Armeechef aber zeigen, dass das Militär auch einen Plan hat, wie es nach dem Scheitern der Gespräche weitergeht." Doch besonders optimistisch ist Croissant nicht - einen solchen Plan könne er nicht erkennen.
Verhärtete Fronten
Die thailändische Malaise geht tief, und ein Putsch wird wohl kaum dazu beitragen, die Spaltung des Landes zu überwinden. Zwei Gruppen stehen sich unversöhnlich gegenüber: Die nun gestürzte Regierung wurde getragen von den sogenannten Rothemden, die vor allem aus den Provinzen im Norden und Nordosten des Landes kommen und Anhänger des Ex-Premierministers Thaksin Shinawatra sind. Ihnen gegenüber steht das "Demokratische Reformkomitee des Volkes" (PDRC), angeführt vom ehemaligen Vize-Premier Suthep Thaugsuban. Den Begriff Demokratie trägt seine Bewegung allerdings nur im Namen. Im November waren Zehntausende Demonstranten unter Leitung von Suthep gegen die gewählte Regierung von Premierministerin Yingluck Shinawatra, Thaksins Schwester, auf die Straße gegangen. Sie wollten sie nicht bloß absetzen, sondern forderten auch, dass die Shinawatras aus der Politik verschwinden. Ein für allemal. So tief geht der Hass, so verhärtet sind die Fronten.