Proteste in Syrien:Halb Hama auf der Straße

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Soldaten vor der Stadt, protestierende Massen in den Straßen: Hunderttausende haben im belagerten syrischen Hama gegen das Regime von Präsident Assad demonstriert. Der wirft den USA vor, den Aufstand anzustacheln. In der Opposition wächst die Angst vor einem neuen Massaker.

Nach Angaben von Menschenrechtlern haben in der syrischen Stadt Hama am Freitag nach dem Mittagsgebet 450.000 Menschen gegen Präsident Baschar al-Assad protestiert. Das wäre die bisher größte Kundgebung gegen das Regime. In anderen Berichten war von Zehntausenden Demonstranten die Rede. Die Zahlen ließen sich nicht unabhängig bestätigen, da Syrien ausländischen Journalisten den Zugang verwehrt. Auch in Homs und Deir al-Sour soll es zu neuen Protesten gekommen sein, während es in den beiden größten Städten des Landes, Damaskus und Aleppo, ruhig blieb.

Dieses Standbild aus einem Youtube-Video zeigt angeblich Demonstranten in Hama. Syriens Regime kontrolliert einen Großteil der Medien, ausländischen Journalisten wird der Zugang ins Land verwehrt. (Foto: AFP)

Zuvor hatte Syrien die USA beschuldigt, einen Aufstand anzustacheln und sich in inneren Angelegenheiten des Landes einzumischen. Die von der amtlichen Nachrichtenagentur Sana verbreitete Stellungnahme war die Reaktion darauf, dass der US-Botschafter in Damaskus, Robert Ford, am Donnerstag in die von Panzern belagerte Stadt gereist war, wie auch sein französischer Kollege Eric Chevallier. In Hama hatten schon am vorigen Freitag Hunderttausende gegen Assad demonstriert. Danach umstellten Sicherheitskräfte die mit 800.000 Einwohnern viertgrößte Stadt Syriens erneut.

Dies hatte unter Aktivisten die Sorge ausgelöst, das Militär könnte neuerlichen Protesten mit brutaler Gewalt begegnen. Die Besuche der beiden Botschafter sollte vermutlich die syrische Führung von einem neuen Massaker abschrecken. Laut Menschenrechtlern töteten Sicherheitskräfte in Hama bis zum Morgen mindestens 16 Menschen, zwei weiter sollen im Laufe des Tages erschossen worden sein. Zudem rückten Truppen in den nördlich von Damaskus gelegenen Vorort Harasta ein, einem weiteren Brennpunkt der Proteste.

Nachdem am Freitag voriger Woche in mehreren Städten jeweils mehr als Hunderttausend Menschen demonstriert hatten, hielten Diplomaten es erstmals seit Beginn der Proteste vor vier Monaten für möglich, dass Assad in Bedrängnis geraten könnte. Entscheidend sei, ob die Proteste in dieser Stärke weitergehen oder sich gar noch steigern würden.

Das überwiegend von Sunniten bewohnte Hama hat wegen eines Massakers im Jahr 1982 besondere symbolische Bedeutung: Mehr als 10.000 Menschen waren dort ums Leben gekommen, als Präsident Hafis al-Assad, Vater des heutigen Machthabers, einen Aufstand der islamistischen Muslimbrüder niederschlug.

© SZ vom 09.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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