Brexit-Demonstrationen:"Schäm' Dich, Boris"

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"Bleiben, Reformieren, Aufbegehren" steht auf dem Plakat eines Demonstranten in der Londoner Downing Street. In ganz Großbritannien gingen zehntausende Menschen auf die Straße. (Foto: Bloomberg)
  • Zehntausende Briten haben am Samstag gegen Premier Johnson protestiert.
  • Ausgelöst wurden die Proteste durch Johnsons Vorhaben, das Parlament zwei Monate vor dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens zu suspendieren.
  • Am 31. August vor 25 Jahren verkündete die Terrororganisation IRA erstmals einen Waffenstillstand. Knackpunkt der Brexit-Verhandlungen ist der "Backstop", der Grenzkontrollen zwischen Nordirland und Irland verhindern soll.

Zehntausende haben am Samstag in Großbritannien gegen Premier Boris Johnson protestiert. Anlass der Demonstrationen ist das Vorhaben Johnsons, das Parlament für gut vier Wochen zu suspendieren. Von der übernächsten Woche an, zwischen dem 9. und 12. September, soll die sogenannte Prorogation (Vertagung) einsetzen, beurlaubt wäre das Parlament dann bis zum 14. Oktober. Das wäre nur etwas mehr als zwei Wochen vor dem geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU. Kritiker fürchten, dass damit ein Brexit ohne Abkommen kaum noch zu verhindern ist.

Die Demonstrationen im ganzen Land standen unter dem Motto "Stop the Coup" - stoppt den Putsch. Die Anti-Brexit-Initiative "Another Europe Is Possible", die zu dem Protest aufgerufen hatte, hoffte auf Hunderttausende Teilnehmer. Vor dem Regierungssitz in der Downing Street in London hatten Tausende Menschen Trommeln und Pfeifen dabei, schwangen EU-Fahnen und riefen Sätze wie "Schäm dich, Boris" oder "Boris, raus". Am Freitag hatte auch die Labour-Fanbewegung Momentum die Bürger dazu aufgefordert, den Protest gegen einen No-Deal-Brexit in die Öffentlichkeit zu tragen. Es sei jetzt an der Zeit für "zivilen Ungehorsam".

Kritischer Punkt in den Verhandlungen ist der "Backstop", der Grenzkontrollen zwischen dem EU-Mitglied Irland und der britischen Provinz Nordirland verhindern soll. Die Backstop-Lösung sieht vor, dass Großbritannien so lange eng an die EU gebunden bleibt, bis eine andere Lösung für die Grenze gefunden ist - eine von den Brexiteers verhasste Vorstellung. Heute vor 25 Jahren, am 31. August 1994, hatte die paramilitärische katholische IRA, die Großbritannien mit Terroranschlägen von der irischen Insel vertreiben wollte, einen Waffenstillstand verkündet. Sie machte damit den Weg für das Karfreitagsabkommen von 1998 frei, mit dem die jahrzehntelange Gewalt auf der geteilten Insel beendet wurde.

Johnson will den Brexit am 31. Oktober durchziehen. Fans und Feinde eines No-Deal gehen derzeit davon aus, dass Johnson mit dem Crash kalkuliert. Die Mehrheit der Abgeordneten lehnt einen Austritt ohne Abkommen ab, weil sie Chaos und einen Konjunktureinbruch fürchten.

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