Profil:Zalmay Khalilzad

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(Foto: Reuters)

Der US-Diplomat verhandelt mit den Taliban.

Von Moritz Baumstieger

Die Nachricht, die Afghanistan Hoffnung geben sollte, kam am Sonntagmorgen. Damit sie auch alle relevanten Empfänger verstehen, war sie nicht nur in Englisch verfasst, sondern auch in Paschtu und Dari, den beiden Hauptsprachen des Bürgerkriegslandes: "Wir haben die Gesprächsrunde mit den Taliban in Doha abgeschlossen. Ich werde später am Tag für Beratungen nach Kabul reisen", schrieb der Nutzer mit dem programmatischen Namen @US4AfghanPeace auf Twitter. Man sei "an der Schwelle einer Vereinbarung", die Gewalt reduzieren und "die Türen für Afghanen öffnen wird, um einen ehrenvollen und nachhaltigen Frieden zu verhandeln".

Der Diplomat, der unter diesem Pseudonym twittert und mit den Taliban über den Abzug der US-Truppen verhandelt, war für seine Botschaft nicht auf Übersetzer angewiesen. Zalmay Khalilzad spricht die Nationalsprachen Afghanistans, er wurde 1951 in Masar-i-Scharif geboren. In die USA reiste er das erste Mal 1966, als Austauschschüler für ein Highschool-Jahr in Kalifornien. Die Lebensart dort gefiel ihm, vor allem Basketball. Später spielte Khalilzad zeitweilig für die Nationalmannschaft der alten Heimat, bis er für ein Studium wieder ins Ausland ging. Nachdem er 1979 in Chicago promoviert hatte, blieb er in den USA. Die Sowjets waren in Afghanistan einmarschiert, Kabul war kein guter Ort mehr für Menschen, deren Haltung vom "Klassenfeind" beeinflusst war. 1984 wurde er US-Staatsbürger und mischte in Washingtons außenpolitischen Kreisen mit.

Als Amerikaner mit Kabuler Kindheit, als Sohn einer sunnitisch-schiitischen Mischehe, als ehemaliger US-Botschafter in Kabul, Bagdad und bei den UN schien Khalilzad eine naheliegende Wahl, um für US-Präsident Donald Trump einen Ausweg aus dem unzählige Menschenleben und Dollar verschlingenden Afghanistaneinsatz zu verhandeln. Die islamistischen Taliban sind seit dem Abzug der Schutztruppe Isaf 2014 auf dem Vormarsch, erobern Provinz um Provinz, führen durch Anschläge die Hilflosigkeit der Regierung vor. Am Samstag etwa griffen sie die Provinzhauptstadt Kundus an, am Sonntag das auf halbem Weg nach Kabul liegende Pul-i-Khumri. Und noch während Khalilzad am Montag dem Präsidenten Aschraf Ghani den Entwurf seines Abkommens präsentierte, explodierte eine Autobombe in der Nähe des bei Ausländern beliebten Green Village. Erfüllt ist Khalilzads Mission also noch nicht - auch wenn eine Wandmalerei in Kabul den US-Gesandten für Afghanistan jüngst schon beim Bruderkuss mit einem bärtigen Talib zeigte.

Dass Trump Khalilzad mit der Leitung der seit Juli 2018 in Katar stattfindenden Gespräche mit den Taliban beauftragte, war andererseits aber doch bemerkenswert. In Afghanistan werfen ihm Kritiker bis heute vor, dass er sich Ende der Achtzigerjahre vehement für eine Ausstattung der gegen die Sowjets kämpfenden Mudschahedin mit Luftabwehrraketen aussprach - die Taliban, mit denen er heute verhandelt, habe er so erst in die Position gebracht, das Land zu übernehmen und zu terrorisieren. Nach der Invasion von 2001, als erster US-Botschafter und heimlicher "König von Kabul" habe Khalilzad zudem maßgeblich die heutige Verfassung geprägt, die wegen ihres starken Zentralismus als Quelle der anhaltenden Probleme zwischen den verschiedenen Ethnien gilt.

Vor allem aber war Khalilzads Nominierung überraschend, weil er ein maßgeblicher Akteur der neokonservativen Außenpolitik der Bush-Ära war. Wie Dick Cheney und Paul Wolfowitz war er überzeugt, den Nahen Osten zur Not mit Gewalt umgestalten zu müssen. Es sei die Pflicht der USA, die "Welt zu befrieden, zu demokratisieren und zu bereichern", sagte Khalilzad auch dann noch, als sich der Irak-Einsatz der USA längst als Desaster entpuppt hatte. Damit steht er im krassen Gegensatz zu Trump, der gerne mit Despoten plaudert, solange die Kasse stimmt.

© SZ vom 03.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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