Profil:Wolfgang Reitzle

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Der Spitzenmanager will der große Gewinner sein, es geht um viel Geld. (Foto: Stephan Rumpf)

Der Spitzenmanager will der große Gewinner sein, es geht um viel Geld.

Von Karl-Heinz Büschemann

Dieser Mann polarisiert. Wolfgang Reitzle, 67, Aufsichtsratsvorsitzender des deutschen Großkonzerns Linde, passt nicht in das übliche Bild eines Unternehmenschefs, der fern der Öffentlichkeit seine Arbeit tut. Reitzle lenkt stets Aufmerksamkeit auf seine Person. Und obwohl er einer der erfolgreichsten deutschen Manager ist, wird er nicht nur positiv gesehen. Das wird im neuen Jahr nicht besser werden, in dem er voraussichtlich einer der ganz großen Gewinner in der deutschen Manager-Klasse sein wird.

Soeben verbindet Reitzle den 137 alten Gaskonzern Linde mit dem US-Konkurrenten Praxair, um einen Weltmarktführer mit 30 Milliarden Euro Umsatz zu schaffen. So etwas mögen Manager, und für Reitzle hat das Ganze einen weiteren angenehmen Effekt: Er wird in dem neuen Unternehmen, das in den Vereinigten Staaten seinen Sitz haben wird, Chairman werden, damit hat er viel mehr Einfluss als ein deutscher Aufsichtsratschef. Das kommt dem Mann entgegen, der sich 2014 nach mehr als 13 Jahren nur ungern aus dem Linde-Chefbüro ins Rentenalter verabschiedete.

Allerdings löst das, was er plant, in München, wo der Konzern seinen Sitz und viele Arbeitsplätze hat, Unverständnis aus. Der einstige BMW-Manager steht im Verdacht, einen ganzen Konzern mit 65 000 Mitarbeitern zu "verhökern". So reden Linde-Mitarbeiter über den selbstbewussten Reitzle, der es zuletzt für geboten hielt, den Konzern aus dem Aufsichtsrat zu führen, und den Vorstand faktisch entmachtet hat. Die Beschäftigten fürchten um Arbeitsplätze und ihren Einfluss im neuen Konzern.

Reitzle konnte bisher kaum erklären, warum diese Fusion mit Praxair nötig sei. Vage erklärt Linde nur: "Es wird erwartet, dass die Transaktion bedeutenden Wert schafft"; die Rede ist von einer Milliarde Dollar. Wie das geschehen soll, ist unklar.

Es gibt auch eine andere Erklärung für Reitzles Motive: Der Manager hatte sich geärgert, dass Linde, kaum dass er als Vorstandschef ausgeschieden war, die Rolle des Weltmarktführers für Industriegas verloren hatte. Und er tat alles, um im Mai 2016 gegen Widerstände als Aufsichtsrat in die Linde-Zentrale zurückzukehren. Durch die Fusion schafft er den Konzern praktisch ab. Der Name Linde bleibt erhalten, aber aktiver Chef wird der bisherige Praxair-Boss Stephen Angel. Entscheidungen werden zum Schrecken der deutschen Mitarbeiter künftig in den USA gefällt.

Und dann ist da noch das Geld: Als Linde-Kontrolleur muss sich Reitzle mit 460 000 Euro im Jahr begnügen, einem Bruchteil früherer Bezüge. In dem neuen Konzern wird Reitzle viel mehr bekommen. Wie viel es sein wird, sei noch offen, heißt es bei Linde. Es werde weniger sein als die Bezüge des heutigen Chairman Angel, der zugleich CEO ist und 2015 die Summe von 15 Millionen Dollar bezog. Aber einige Millionen könnten es für Reitzle schon werden, fürchtet mancher im Unternehmen. Er selbst ist einer, der das höchst angemessen fände.

© SZ vom 02.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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