Profil:Thanathorn Juangroongruangkit

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(Foto: AFP)

Der Politiker wird zur Sehnsuchtsfigur in Thailand.

Von Arne Perras

Schon vor der Wahl ließ die Junta diesen Mann nicht mehr aus den Augen: Thanathorn Juangroongruangkit betrat die politische Arena in Thailand erst im Frühjahr 2018. Der Ingenieur und Unternehmer kam als Neuling, aber er brauchte nicht lange, um die regierenden Generäle nervös zu machen. Sie sahen, welche Wirkung dieser Mann auf die Jugend ausübte, wie sie ihn alle anhimmelten und sich um ihn scharten. Wo immer Thanathorn auftauchte, feierten ihn die Leute wie einen Rockstar.

Spätestens seit der Wahl am Sonntag gilt es als sicher, dass der drahtige Unternehmer eine frische, ernst zu nehmende Kraft in der thailändischen Politik verkörpert. Nach ersten Ergebnissen deutete alles darauf hin, dass der 40-Jährige aus dem Nichts zur drittstärksten Kraft aufgestiegen ist. Die Sensation der Wahl heißt Thanathorn, er ist nun die Sehnsuchtsfigur der frustrierten thailändischen Jugend.

Viel Zeit, sich über den Erfolg zu freuen, hat er allerdings nicht, denn es bauen sich Spannungen auf in Bangkok, seitdem die Bekanntgabe vollständiger Ergebnisse aufgeschoben wurde und sowohl das Militär als auch die mutmaßlich stärkste Partei des demokratischen Lagers, Pheu Thai, eine neue Regierung bilden wollen. Alte Rivalen, die sich nun wieder verhaken: Hinter Pheu Thai steht der Clan des Ex-Premiers Thaksin Shinawatra, den das Militär durch wiederholtes Putschen entmachtet hat. Verwirrung macht sich breit, es drohen unruhige Zeiten, die Thanathorn und seine unerfahrene Partei "Vorwärts in die Zukunft" nun auf eine harte Probe stellen dürften. Sein oberstes Wahlziel lautete, die Macht der Generäle zu stoppen und sie daran zu hindern, unter demokratischem Mäntelchen weiter zu regieren. Ob das einer breiten Allianz demokratischer Parteien gelingen wird, blieb zunächst offen.

Thanathorn wird Zähigkeit und Ausdauer brauchen, um sich nach dem Blitzstart nicht aus der Bahn werfen zu lassen. Die Langstrecke in widrigem Klima liegt ihm eigentlich, zumindest hat er das sportlich bewiesen. Der 40-jährige Vater von vier Kindern läuft Ultra-Marathon, er kämpfte sich durch die Sahara und hat einen 560-Kilometer-Marsch in der Arktis überstanden. Doch auch die heimischen Tropen sind harsches Terrain, zumindest was die politischen Verhältnisse betrifft. Sie stecken voller Tücken für Thanathorn, der linken Ideen anhängt und das Establishment reizt. Ihm droht bereits ein Verfahren wegen angeblicher Verbreitung von Unwahrheiten im Internet, die Generäle haben es angestoßen, als sich Thanathorn in einem Livestream kritisch über sie ausließ.

Der Jugend imponieren die forschen Auftritte, doch sie öffnen auch eine Flanke. Gegner versuchen, den Politiker als Königskritiker zu schmähen, sie können das kaum belegen, aber schon der Vorwurf ist gefährlich. Wer sich mit der Armee anlegt, balanciert in gefährlicher Höhe. Die Generäle pochen darauf, den König zu schützen. Wer gegen sie aufbegehrt, gerät leicht in den Verdacht, die Monarchie untergraben zu wollen. Und das zählt immer noch zu den schlimmsten vorstellbaren Vergehen.

Thanathorn entstammt selbst einem der reichsten Clans des Landes. Als sein Vater starb, übernahm der Sohn als junger Ingenieur die Führung des Konzerns "Thai Summit Group". Er produziert Autoteile, beliefert Tesla und setzt auf dem Weltmarkt Milliarden um. Thanathorn versucht erst gar nicht, von seiner Herkunft abzulenken; er entstamme der privilegierten Schicht, die nur ein Prozent ausmache, sagt er. "Aber ich stehe für die anderen 99 Prozent der Gesellschaft." Die alten Grabenkämpfe, die Thailand seit Jahren spalten, will er überwinden. Und er ist davon überzeugt, dass dies nur gelingt, wenn die Armee an Macht verliert.

Es sieht so aus, als hätte der Politiker Thanathorn seinen schwierigsten Ultramarathon noch vor sich.

© SZ vom 26.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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