Profil:Tal Dvir

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(Foto: Ilia Yefimovich)

Der israelische Forscher will eines Tages Menschenherzen drucken.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Tal Dvir ist die Begeisterung anzumerken. Mit einfachen Folien versucht der 45-jährige Forscher zu erklären, woran er seit Jahren arbeitet: wie Organe im 3-D-Drucker hergestellt werden können, um menschliche Spenderorgane überflüssig zu machen. Vor allem ein Organ hat es ihm angetan. Mit seinem Team ist es dem Tel Aviver Professor gelungen, erstmals ein Herz aus einem 3-D-Drucker herzustellen. Der Prototyp hat die Größe eines Hasenherzens und besteht aus Gewebe, Blutgefäßen und Kammern.

Wissenschaftlern sei es schon vorher gelungen, ein Herz im 3-D-Drucker nachzubilden, sagt Dvir, "aber noch nie mit Zellen und Blutgefäßen". In ähnlichen Versuchen seien nur synthetische Stoffe oder anderes Gewebe verwendet worden, aber noch nie das Gewebe eines Patienten. Dieses Verfahren, sagt er, vermindere bei Transplantationen die Gefahr einer Immunabwehr.

Per Biopsie haben die israelischen Wissenschaftler unter Dvirs Aufsicht Fettgewebe eines Patienten entnommen, das sie für die Entwicklung der "Tinte" für den 3-D-Drucker verwendeten. Damit erzeugten sie in einem ersten Schritt menschliches Herzgewebe, anschließend schufen sie ein komplettes Herz. Das Verfahren beschrieben Dvir und sein Team in einem Artikel im Magazin Advanced Science. Seit der Veröffentlichung stehen die Telefone in dem nach Tal Dvir benannten Laboratorium an der Universität nicht mehr still.

Seit 2011 hat Dvir sein eigenes Team, mit dem sich der verheiratete Familienvater mit Mikro- und Nanotechnologien vor allem für die Regeneration und den Ersatz von Herz- und Hirngewerbe beschäftigt. Nun steht Dvir plötzlich im Mittelpunkt des Interesses, bisher waren seine Publikationen nur in der Fachwelt bekannt. Als "Star" sieht sich der unprätentiös auftretende Israeli mit dem markanten Glatzkopf allerdings nicht; sogar bei einem Besuch von Israels Staatspräsident Reuven Rivlin in seinem Labor trat er wie immer mit Jeans und einem T-Shirt unter dem Hemd auf.

Dvir hat an der Ben-Gurion-Universität Biotechnologie studiert. Schon während seines Studiums setzte er sich mit der Regeneration und dem Ersatz von Herzen auseinander. Wie so viele Israelis, die es in der Wissenschaft weit bringen wollen, zog es ihn mit dem Doktortitel in der Tasche 2008 in die USA. Er bekam einen Platz im Labor von Bob Langer am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und setzte sich dort mit chemischen Aspekten auseinander. 2011 erhielt er ein Angebot zur Rückkehr in die Heimat von der Tel Aviv University, die ihm ein eigenes Labor einrichtete. Dort forschte er mit Studenten zu regenerativen Medizinmethoden und dem Ersatz von Gewebe.

Die Universität sprach nach der Präsentation des 3-D-Herzens von einem "bedeutenden medizinischen Durchbruch", Dvir aber bremst trotz aller Euphorie. Denn auf die Forscher warten nun viele weitere Tage und Nächte im Labor. Sie müssten nun den gedruckten Herzen beibringen, "sich wie echte zu benehmen", beschreibt Dvir die nächsten Schritte. Die Zellen könnten sich zusammenziehen, hätten aber bisher noch nicht die Fähigkeit zu pumpen. Binnen eines Jahres sollen solche Herzen in Tierversuchen an Hasen oder Ratten getestet werden.

Bis Herzen aus einem 3-D-Printer tatsächlich für Transplantationen bei Menschen zur Verfügung stehen, sind nach Angaben der Forscher noch beträchtliche Hürden zu überwinden. Eine der Herausforderungen ist es, genügend Gewebe nachzubilden, um ein Herz in der richtigen Größe zu erzeugen. Auch wissen die Forscher noch nicht, wie sie die kleinsten Blutgefäße drucken sollen. Dvirs Ansicht nach werden zuerst einfachere Organe im 3-D-Drucker entstehen, erst später ein Herz. Seine Vision: "Vielleicht gibt es in zehn Jahren in den besten Krankenhäusern weltweit Organdrucker, und die Verfahren werden routinemäßig angewandt."

© SZ vom 17.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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