Profil:Svenja Schulze

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Die Bundesumweltministerin ist auf Kollisionskurs mit dem Kollegen Scheuer.

Von Michael Bauchmüller

Umweltministerin Svenja Schulze. (Foto: AP)

Kürzlich hat Svenja Schulze einen Brief geschrieben, an den Chef ihrer Gewerkschaft. Schulze ist seit vielen Jahren Mitglied der Bergbau-Gewerkschaft IG BCE. Sie hat zwar selbst mit dem Bergbau herzlich wenig zu tun, aber für eine führende Sozialdemokratin aus Nordrhein-Westfalen gehört sich das so. Für eine Umweltministerin allerdings steckt darin auch jede Menge Konfliktstoff. Als solche soll sie schließlich das Klima schützen, die Gewerkschaft dagegen will weiter Braunkohle fördern. Zwischen beiden Positionen liegt der Hambacher Forst. Jener Wald im Rheinland, der für die Kohle fallen soll.

Es sei doch klar, schrieb Schulze an den IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis, "dass mir dies als Umweltministerin nicht egal sein kann". Zuvor hatte sie an den Kohlekonzern RWE appelliert, die Bäume erst einmal stehen zu lassen; sehr zum Ärger von Gewerkschaft und manchen Genossen daheim in NRW. Für Schulze, die als Umweltministerin bis dahin kaum im Rampenlicht stand, war es der erste große Konflikt. Der zweite bahnt sich gerade an: rund um den Diesel.

Eine Haltung dazu hat Schulze schon länger. Sie will die Hersteller dazu zwingen, die Dieselmotoren nachzurüsten - und zwar auf deren Kosten. Sie kann sich dabei auf Daten des Umweltbundesamtes stützen, die Behörde untersteht ihr direkt. Danach rissen im vorigen Jahr immer noch 65 Städte die Grenzwerte für Stickstoffdioxid, und das in der Hauptsache, weil Millionen Diesel-Fahrzeuge auf der Straße mehr von dem Schadstoff ausstoßen, als auf dem Papier steht. Das kann einer Umweltministerin nicht egal sein.

Nur sieht ihr Kollege im Verkehrsressort, der CSU-Mann Andreas Scheuer, den Fall ganz anders. Er will nicht alte Autos nachrüsten lassen, sondern sie durch neue ersetzen; notfalls gestützt durch Sonderrabatte für Diesel-Fahrer, die wechseln. Auch er verfolgt diesen Kurs schon seit Monaten, ganz im Sinne der Autoindustrie. Jetzt nähert sich der Streit dem Showdown, flankiert von Landtagswahlkämpfen. Es geht schließlich um über fünf Millionen Fahrer respektive Wähler.

Binnen einer Woche soll der Konflikt nun gelöst werden, die Chancen für Schulze stehen gut. Seit Richter in Hessen für Frankfurt ein Fahrverbot verlangten, sind die Befürworter der Nachrüstung gestärkt: Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier fordert sie, ein CDU-Mann. Er will im Oktober eine Wahl gewinnen, Fahrverbote kämen da ungelegen. Setzt sich die Nachrüst-Pflicht durch, wäre es für Schulze der erste große Erfolg.

Und das umso mehr, als die Umweltpolitik in dieser Koalition keinen guten Stand hat, auch nicht innerhalb der SPD. Als Schulze jüngst dafür eintrat, die Klima-Grenzwerte für neue Autos massiv zu verschärfen, war nicht nur Scheuer dagegen, sondern auch Vizekanzler Olaf Scholz, ein Parteifreund. Danach war Schulze stiller geworden in der Frage. Intern hat das leise Zweifel geweckt, ob sie sich wird durchsetzen können, im Kabinett und in der SPD. Auch deshalb ist die Debatte um den Diesel für sie so wichtig: Der Streit schärft das Profil. Schulze, die immer herzlich auftritt und zuweilen klingt wie eine PR-Botschafterin für sauberes Leben, muss zeigen, dass sie auch ganz, ganz anders kann.

Die größten Konflikte liegen ohnehin noch vor ihr. Nächstes Jahr soll sie ein Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen, massive Widerstände sind gewiss. Und noch immer ist vieles Neuland: Schulze, die am Samstag 50 wird, hat sich mit allem Möglichen befasst, aber kaum mit Ökologie. Sie war sieben Jahre lang Innovationsministerin in NRW, anschließend Generalsekretärin der dortigen SPD. "Am Ende ist es aber auch nur Politik", sagt sie. "Es geht um Dranbleiben und Durchsetzen." Vor allem lasse sie nicht schnell locker. "Da hat vielleicht mancher gedacht, die ist blond und geschmeidig", sagt Schulze. "Aber die haben sich geirrt. Und das muss nun eben auch Andy Scheuer lernen."

© SZ vom 25.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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