Profil:Richard Lutz

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(Foto: Britta Pedersen/dpa)

Zahlenmensch und Schachspieler an der Spitze der Deutschen Bahn.

Von Michael Bauchmüller

Den Moment, der sein Leben verändern sollte, erlebte Richard Lutz im Bett. Im Berliner Bahntower hatte gerade sein Chef das Handtuch geworfen, nach einem unnützen Streit über die Konditionen seiner Vertragsverlängerung. Doch als Bahnchef Rüdiger Grube Ende Januar seinen Rücktritt einreichte, lag Richard Lutz krank daheim. Dabei war er mit einem Schlag nun Bahnchef, wenngleich nur kommissarisch. So wollen es die Regeln bei Deutschlands heißestem Staatskonzern: Dann übernimmt Nummer zwei, der Finanzvorstand. Das war Lutz.

Klar, eine Übergangslösung - so hieß es damals. Bahnchef ist schließlich nicht irgendein Job. Zwar schlechter bezahlt als manch andere Vorstandsposten in der freien Wirtschaft, dafür aber mit Garantie auf Rampenlicht. Nicht wenige drängten sich danach, unter ihnen der einflussreiche Ronald Pofalla, einst Kanzleramtsminister und mittlerweile Bahnvorstand für Infrastruktur. Nur einer zählte nie zum engsten Kandidatenkreis: Richard Lutz, 52.

Dennoch hat er das Rennen gemacht. Am Montag hat sich die Koalition auf ihn als neuen Bahnchef verständigt. Mehr noch: Eine Art Super-Vorstand soll er werden, der nicht nur den Konzern führt, sondern weiterhin auch dessen Zahlenwerk.

Dabei ist Lutz keiner, der sich in den Vordergrund drängt. Seit 2010 schon ist er Finanzvorstand, doch öffentlich in Erscheinung trat er allenfalls, um einmal im Jahr die Bilanz zu präsentieren. Das aber frei von Schnörkel und ohne ein Wort zu viel. Müsste er nie auf die Bühne, es würde den Vater von drei Kindern auch nicht stören.

Das freilich wird sich nun ändern. Streikende Lokführer, Verspätungen, Milliardenpoker um Infrastrukturmittel - wie kein anderes Unternehmen steht die Bahn unter permanenter Beobachtung. Weil es dem Staat gehört, wollen ständig andere mitreden, Verkehrsminister, Bundestagsausschüsse, Wahlkreis-Abgeordnete im Kampf um den Bahnhof daheim. Ein Bahnchef braucht ein dickes Fell, viel politisches Feingefühl und die richtigen Kontakte. Die Politik ist im 26. Stock des Bahntowers mindestens so wichtig wie gute Zahlen.

Dem passionierten Schachspieler Lutz kommt zugute, dass er das Unternehmen so kennt wie kein anderer im Vorstand. 1994 kam er zur Bahn, in jenem Jahr also, als aus der "Deutschen Bundesbahn" die Deutsche Bahn AG wurde. Seither beschäftigt sich der promovierte Betriebswirt mit nichts anderem als mit Zahlen: erst im Controlling, dann als rechte Hand des einstigen Finanzvorstands Diethelm Sack, dessen Nachfolger er wurde. Nie hat er für einen anderen Konzern gearbeitet als für die Bahn, und auch sein Vater war Eisenbahner. Aber reicht das, die Bahn zu führen?

Viele im Konzern trauen es ihm zu, aber leicht wird das nicht. Er gilt als Teamspieler, als umgänglicher, humorvoller Typ. Doch in seinem Team sind Leute, die den Posten selbst gern ergattert hätten. Auch die Politik wird ihm reinreden wollen. Als Erstes muss Lutz nun zeigen, wer Chef im Tower ist.

© SZ vom 15.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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