Profil:Patricia Fox

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(Foto: Bullit Marquez/AP)

Australische Nonne, die sich mit dem Präsidenten der Philippinen anlegt.

Von Arne Perras

Bedrohlich sieht Patricia Fox gar nicht aus. Bilder der 71-jährigen Nonne laufen auf allen philippinischen Kanälen. Sie zeigen eine schmale, eher zerbrechlich wirkende Frau. Kurzes Haar, wache hellblaue Augen, tiefe Furchen im Gesicht. Und die Philippiner fragen sich: Hat es diese katholische Ordensfrau aus Australien tatsächlich geschafft, Staatschef Rodrigo Duterte das Fürchten zu lehren? Und wird sie nun dafür büßen müssen?

Sicher ist, dass die unerschrockene Fox den Präsidenten in Rage gebracht hat. Er will sie nun unbedingt loswerden. Ihr Arbeitsvisum als Missionarin ist annulliert, Fox verbrachte eine Nacht in Haft, wo ihr mit Ausweisung gedroht wurde. Nun ist sie wieder frei, doch ihre Tage auf den Philippinen dürften gezählt sein. Nach fast drei Jahrzehnten muss die Australierin, die dem Orden der Sionsschwestern angehört, das Land verlassen. Ob ein Appell der philippinischen Bischofskonferenz das noch verhindern kann, ist offen.

Ältere Bürger erinnert der Fall Fox an die Zeiten des Diktators Ferdinand Marcos. Auch er ließ ausländische Geistliche ausweisen, als er seine Herrschaft zementierte. Manche sehen die Geschichte von der Nonne und dem Präsidenten deshalb als düsteren Vorboten. Keiner weiß, was Duterte, der bereits die Menschenjagd auf Kleindealer und Drogensüchtige befohlen hat, von der mühsam errungenen Demokratie übrig lassen wird.

Hat Fox, die seit Jahrzehnten an der Seite der Armen lebt, etwas verbrochen? "Du, Nonne", wütete der Präsident, "kritisierst deine eigene Regierung." Er selbst habe die Untersuchungen gegen sie angeordnet, erklärte Duterte, er könne nicht dulden, dass fremde Leute "auf der Souveränität des Landes herumtrampeln und uns beleidigen". Fox hingegen habe sich unerlaubt politisch betätigt und an Demonstrationen gegen die Regierung teilgenommen, lautet der Vorwurf. Dass Duterte mit seinem Befehl, den Fall Fox zu untersuchen, die Regeln seines Rechtsstaats unterläuft, stört ihn nicht.

Fox sagt, sie habe nur ihre Arbeit als Nonne gemacht und bereue nichts. Zuletzt war sie im Süden der Insel Mindanao unterwegs, um entrechteten Bauern beizustehen und auf die wachsende Zahl mysteriöser Morde aufmerksam zu machen. Vergangenes Jahr ließ Duterte auf der Kriseninsel das Kriegsrecht ausrufen, als der islamistische Terror eskalierte. Andere Konflikte der Region sind weniger bekannt. So beklagen Menschenrechtler, dass nun unter dem Mantel der Notstandsgesetze Verbrechen des Militärs vertuscht würden. Es häufen sich Vorwürfe, dass Bauern Land abgejagt wird, um Platz für Gold- und Kupferminen zu machen. Die Sicherheitskräfte bezichtigen ihrerseits einheimische Farmer, einen Aufstand der Linken gegen den Staat zu stützen.

Die Morde im Verborgenen schüren Befürchtungen, dass auf Mindanao ganz ähnliche Methoden zum Einsatz kommen wie beim Anti-Drogen-Krieg, den Duterte angezettelt hat. Nur dass es dieses Mal Bauern trifft. In dieser aufgeheizten Lage ist Fox nicht davor zurückgeschreckt, Gerechtigkeit für verfolgte Familien zu fordern. "Sie ist eine unerschrockene Frau, die sich mit aller Leidenschaft für die Ziele ihres Ordens einsetzt", heißt es aus dem Kreis ihrer Unterstützer. Ihr Anwalt vermutet, dass die Nonne vielleicht zu viel über mutmaßliche Menschrechtsverletzungen weiß und deshalb gehen muss.

Sister Pat, wie Freunde sie nennen, hat stets versucht, "die Welt mit den Augen der Armen zu sehen". In ihrer Jugend arbeitete sie im australischen Melbourne als Lehrerin, später studierte sie Jura und leistete Rechtshilfe für die Armen der Stadt, die sich keine Anwälte leisten konnten. Vor 27 Jahren begann sie mit der Arbeit in den Philippinen, sie ist den Leuten nahegekommen, auch weil sie deren Sprache erlernt hat. Seither schlage sie sich mit ihrem "Känguru-Tagalog" durch, witzelte sie mal. Den Humor zumindest konnte der Schwester noch keiner ihrer mächtigen Gegner rauben.

© SZ vom 30.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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