Profil:Palesa Mokubung

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(Foto: oh)

Die Modedesignerin erobert von Johannesburg aus die Welt.

Von BERND DÖRRIES

Es begann alles damit, dass Palesa Mokubung nichts anzuziehen hatte. Zumindest mal wieder nicht das Richtige, wie sie selbst glaubte. Mokubung ging deshalb in einer der angesagtesten Boutiquen in Johannesburg einkaufen. Dort aber war die Inhaberin ganz anderer Ansicht. Begeistert von den selbstgenähten Sachen, die Mokubung trug, behielt sie die Kundin gleich da und stellte sie ein.

Fast zwanzig Jahre später ist die 38-Jährige als erste afrikanische Designerin mit einer eigenen Kollektion beim Moderiesen H&M vertreten. Die schwedische Kette hat bereits mit Karl Lagerfeld und Comme des Garçons kooperiert, aber noch nie mit Modemachern von jenem Kontinent, der für viele immer noch lediglich Empfänger von Altkleidern ist. Afrikanische Kleidung tauchte in Europa lange Zeit nur in Ethno-Shops auf. Sie war oft mehr Folklore als Mode.

Seit einigen Tagen sind die bunten Kleider von Mokubung fast weltweit zu kaufen. "Mantsho" heißt ihr 2004 gegründetes Label, was "Schwarz ist schön" bedeutet in ihrer Muttersprache Sesotho, die eine der elf offiziellen Sprachen Südafrikas ist. In ihrer Heimat war Mokubung schon länger erfolgreich, sie hat ihre Entwürfe auch schon auf Modeschauen in den USA und Griechenland gezeigt; nun aber ist sie in eine neue Dimension vorgestoßen. "Es ist unglaublich und kommt zu einer Zeit, in der die Frauen ihre Rechte einfordern und das Thema Diversität immer wichtiger wird", sagt Mokubung.

In Sachen Diversität hatte H&M mehrmals schon Probleme. 2015 wurde der Konzern gefragt, warum er in Südafrika fast keine schwarzen Models für die Werbekampagnen buche, wo doch das Land eine hauptsächlich schwarze Bevölkerung habe. Man wolle mit den Motiven "eine positive Botschaft" vermitteln, antwortete das lokale H&M-Geschäft in Kapstadt damals, was in Südafrika nicht gut ankam. Drei Jahre später war der Aufruhr noch größer, als H&M zwar weltweit mit einem schwarzen Jungen warb, ihm aber einen Pulli überzog mit der Aufschrift: "Der coolste Affe im Dschungel". Unter Anleitung und Mithilfe der linksradikalen EFF-Partei wurden in Südafrika mehrere H&M-Filialen verwüstet.

Die Kollektion mit Mokubung ist nun einerseits ein Zeichen der Einsicht, andererseits aber auch einfach eine wirtschaftliche Entscheidung. Afrikanische Muster liegen im Trend und verkaufen sich gut. Bisher allerdings war es meist so, dass sich die Designer in Europa und den USA von Afrika inspirieren ließen - oder, je nach Sichtweise, einfach die traditionellen Muster der Volksgruppen klauten. Der Fachbegriff dafür lautet: kulturelle Appropriation, eine Art Adaption ohne Einwilligung der Urheber. In der Modebranche teilen diese Sichtweise nicht alle, da doch jeder Kreative verschiedene Einflüsse aufnehme. Die Diskussion darüber wird in Afrika bisher so gut wie gar nicht geführt, wenn überhaupt, dann schwappt sie aus Europa zurück.

Palesa Mokubung entwirft ihre Kleidung zusammen mit ihrem Bruder, der für die Muster zuständig ist. Die beiden sind wie so viele junge schwarze Südafrikaner bei einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. Und wie so viele machten sich die beiden aus der Provinz auf den Weg nach Johannesburg, das seit hundert Jahren das Ziel vieler Glückssucher ist. Erst war es das Gold, das die Menschen lockte, heute gibt es eine junge, kreative Szene. Die Textilindustrie in Südafrika ist wie in vielen anderen Ländern des Kontinents in keinem sehr guten Zustand, die vom IWF und der Weltbank verordneten Marktöffnungen der Neunzigerjahre überschwemmten Afrika mit chinesischer Billigware. Weil in China die Löhne aber immer höher werden, kommen viele Unternehmen nun nach Äthiopien oder Ruanda, wo der Staat mit Zuschüssen wirbt und riesige Gewerbeparks gebaut hat. Die Kollektion von Palesa Mokubung wird zumindest zum Teil in Südafrika hergestellt.

© SZ vom 31.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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