Profil:Marion Ackermann

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Künftige Chefin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

Von Kia Vahland

Kaum eine Stadt in Deutschland ist so kosmopolitisch wie Dresden - jedenfalls, wenn man sich die Museen anschaut. In der Gemäldegalerie prangen Meisterwerke der italienischen Renaissance, von Raffael und Giorgione, das Völkerkundemuseum besitzt ein halbes historisches Haus von den Palau-Inseln, und im Grünen Gewölbe finden sich Skulpturen aus weit gereisten Kokosnüssen. Die 14 Dresdner Museen bilden neben den Häusern in München und Berlin das dritte weltberühmte Kunstareal in Deutschland. Und doch verzeichneten die Häuser gerade einen Besucherrückgang von sechs Prozent. Dies liegt auch daran, dass seit den so gar nicht weltgewandten Pegida-Demonstrationen weniger Menschen die Stadt besuchen.

Jetzt bekommen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden eine neue Generaldirektorin: Marion Ackermann, 51, die bisherige Chefin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Die Frau begann ihre Karriere ganz klassisch, mit einer Promotion über den Expressionisten Wassily Kandinsky und, dazu passend, einer Kuratorenstelle am Münchner Lenbachhaus. 2003 brauchte das damals in lokalen Querelen gefangene Kunstmuseum Stuttgart eine neue Führung; Diplomatie, Weltoffenheit und Entschlossenheit waren gefragt, um den anstehenden Neubau mit Leben zu füllen. Marion Ackermann sagte zu und stabilisierte mit ihrer zugewandten Art das Haus, bevor sie sechs Jahre später weiterzog nach Düsseldorf. Als Nachnachfolgerin des legendären Werner Schmalenbach hatte sie nun Spitzenwerke der Moderne unter sich und kaufte Zeitgenössisches dazu, etwa ein raumfüllendes Riesennetz des Argentiniers Tomàs Saraceno. Spielerisch erweiterte sie das Spektrum des Hauses über die nordamerikanische und europäische Kunst hinaus. Sie arbeitet mit dem vor einem Jahr von Terroristen heimgesuchten Nationalmuseum in Tunis zusammen und pflegt ein globales Netzwerk.

Fragen von internationalem Belang werden auf dem neuen Posten noch mehr auf sie zukommen. Nicht erst Außenminister Frank-Walter Steinmeier nutzt Kultur gerne zu Zwecken der Diplomatie, als Botschafterin eines friedlichen Deutschlands. Ackermann hat damit kein Problem, sagt sie, im Gegenteil: Schon ihre Mutter habe von der amerikanischen Kunstoffensive im Nachkriegsdeutschland profitiert. Sie denke nun an Kooperationen mit der Türkei, wo sie zeitweise aufgewachsen ist, oder dem von Kriegstraumata bis heute geschüttelten Polen. Der Dresdner Mix aus künstlerischen, ethnologischen und volkskundlichen Sammlungen könnte helfen.

Vor fünf Jahren endete ein internationaler Ausflug der Dresdner Museen im Desaster: Ai Weiwei wurde am Rande einer deutschen Ausstellung zur Kunst der Aufklärung in Peking verhaftet. Wie sich Marion Ackermann in ähnlichen Fällen zwischen Diplomatie, Kunst und Menschenrechten entscheiden wird, das wird sich noch zeigen.

© SZ vom 22.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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