Profil:Laurent Wauquiez

Lesezeit: 2 min

(Foto: Robert Pratta/Reuters)

Der neue Anti-Macron der Republikaner, diesmal "wirklich rechts".

Von Tobias Zick

Auf jede Bewegung folgt eine Gegenbewegung, das ist in der Physik so, und in der Politik verhält es sich selten anders. Was bei der letzten Wahl in Frankreich entstanden ist, ist freilich mehr als eine Bewegung, auch wenn sie als solche deklariert war. Die Bewegung "En Marche" sollte laut ihrem Gründer Emmanuel Macron eben keine klassische Partei sein, sondern ein mouvement, das sich mit jugendlich-kräftigen Flügelschlägen über die arg betonierte Parteienlandschaft mit ihren menschengemachten Gräben zwischen links und rechts erhebt und zu höheren Zielen aufsteigt. Das Kalkül ging auf, die Bewegung löste gar einen Umsturz aus. Emmanuel Macron kreist seither als Sieger und Rundum-Reformer über den Trümmern der alten Parteien. Nun folgen also naturgemäß die Gegenbewegungen.

Die eine hat sich bereits innerhalb von Macrons Irgendwie-doch-Partei formiert - Dutzende einst Mitbewegte, die den Führungsstil des Chefs inzwischen doch nicht mehr ganz so unkonventionell finden, sondern eher sehr klassisch-hierarchisch, ja autoritär. Und dann rührt es sich noch unter den Gedemütigten; denen, die nach der Wahl auf den Trümmern sitzen blieben. In den Reihen der Republikaner etwa, der Partei von Jacques Chirac und Nicolas Sarkozy, deren diesjähriger Kandidat François Fillon sich vor der Wahl mit einer Affäre um mutmaßlich veruntreute öffentliche Gelder ins Aus geschossen hat.

Auf der Suche nach einem Anti-Macron hat sich die einst stolze, liberal-konservative Partei jetzt erwartungsgemäß gegen Florence Portelli entschieden, die im Wahlkampf als Sprecherin von Fillon aufgetreten war, und auch gegen Maël de Calan, der mit Macron kooperieren und die EU stärken wollte. Die Basis hat mit 74,64 Prozent Laurent Wauquiez zum Vorsitzenden gewählt, der mit der Botschaft für sich geworben hatte, er sei "stolz darauf, rechts zu sein", und zwar nicht irgendwie, sondern "wirklich rechts". Darunter versteht er, nach eigenem Bekunden, weniger Europa und mehr "Autorität der Nation". Präventiv-Haft für islamistische Gefährder, nur noch ein "striktes Minimum" an Einwanderung. Die Eindämmung jenes "Krebsgeschwürs" namens Sozialstaat.

Wauquiez ist nur zweieinhalb Jahre älter als Macron (42 also) und hat ähnliche Überflieger-Qualitäten (unter anderem war er Jahrgangs-Primus der Kaderschmiede ENA), aber im Gegensatz zu Macron hat er bereits graue Haare. Allein sein Äußeres transportiert also schon die Botschaft, dass Jugend und Etabliertheit nicht per se ein Widerspruch sein müssen. Wauquiez' Rhetorik lässt wenig Zweifel daran, dass er all die Enttäuschten zurückholen will, die zum rechtsradikalen Front National übergelaufen sind. Wie ernst er seine scharfen Sprüche wirklich meint, ist unklar; manche Kritiker nennen ihn die "Karikatur" eines Rechten. Aber das ist im Moment zweitrangig. Hauptsache: "Wir sind zurück", so skandierten es feiernde Republikaner nach der Urwahl.

© SZ vom 12.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: