Profil:Lars von Trier

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Dänischer Regisseur, der auch mit seinem neuen Filmprojekt provoziert.

Von Thomas Steinfeld

Eine lange Reihe ungewöhnlicher Filme geht auf den dänischen Regisseur Lars von Trier zurück, angefangen mit "Elements of Crime" (1984), seinem ersten Spielfilm und dem ersten Werk, mit dem er beim Filmfestival von Cannes einen Preis gewann, über die Fernsehserie "Das Reich" (1994/1997) bis hin zu seinem letzten, bizarren Erfolg: der Lebensgeschichte einer nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Männer verzehrenden Frau mit dem Titel "Nymphomaniac" (2013).

Ungewöhnlich sind diese Filme aus mehreren Gründen: ästhetisch durch die Konsequenz, mit der Lars von Trier mit dem Medium Film experimentiert, moralisch durch die Unbedingtheit, mit der sie Prüfungen nur scheinbarer, aber lebenspraktisch bedeutsamer Gewissheiten sind, etwa des volkstümlichen Glaubens, es verberge sich in der Sexualität ein Glück.

Lars von Trier hat mit dem Produzenten Peter Albæk Jensen, mit dem er nicht nur das Geburtsjahr 1956, sondern auch die künstlerische Weltanschauung teilt, 1992 die Produktionsfirma Zentropa gegründet und sie zum erfolgreichsten Unternehmen dieser Branche gemacht, das es je in den nordischen Ländern gegeben hat. Von Zentropa kam nun die Nachricht, man werde einen Film über das islamistische Attentat auf den schwedischen Künstler Lars Vilks im Januar diesen Jahres produzieren, bei dem in Kopenhagen ein Wachmann und ein Passant getötet wurden. Unter der Regie des afghanischen Filmemachers Manyar Parwani soll die Geschichte aus der Perspektive des Attentäters gezeigt werden, unter dem Titel "Lukkede øjne" ("Geschlossene Augen").

Das klingt zunächst wie ein Versuch, von der öffentlichen Aufmerksamkeit an einem schrecklichen Ereignis zu profitieren, wird vermutlich aber auf eine vor allem psychologische Bearbeitung einer missratenen Sozialisation hinauslaufen. Zentropa hatte schon zuvor Projekte betrieben, in denen die Funktionen von Täter und Opfer verkehrt wurden: Nach dem internationalen Erfolg, den Trier mit dem Film "Breaking the Waves" (1996) hatte, investierte Zentropa in pornografische Filme für Frauen. Und als man damit auf Drängen amerikanischer Investoren aufhörte, wurde der Film "Princess" (2006) produziert. Er erzählt die Geschichte eines Pfarrers, der mit Bomben und Gewehren auf die pornografische Industrie losgeht.

Auch Lars von Trier versteht sich auf Skandale: Zuletzt erhielt er 2011 Hausverbot bei den Filmfestspielen in Cannes, nachdem er, bedrängt von einem Journalisten, in eine Pressekonferenz gerufen hatte, er gebe zu, ein "Nazi" zu sein. Das war aus der Erregung gesprochen, aber zielgerichtet: Die Verletzung eines Tabus sollte Klarheit bringen, und sei es zu nicht mehr kalkulierbaren Kosten. Ähnlich wird es zu verstehen sein, wenn sein Kompagnon Peter Albæk Jensen jetzt auf die Kritik an seinem Attentäter-Projekt antwortete, die "schweinefarbenen" Dänen würden es wohl nicht verstehen.

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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