Profil:Klaus Reinhardt

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(Foto: Guido Kirchner/dpa)

Der Allgemeinmediziner aus Bielefeld ist neuer Präsident der deutschen Ärzte.

Von Kristiana Ludwig

Was es bedeutet, Patienten zu helfen, das legen Ärzte mitunter sehr unterschiedlich aus. Für den Bielefelder Allgemeinarzt Klaus Reinhardt, 59, findet der Dienst am Patienten seit vielen Jahren überwiegend in Besprechungsräumen statt. Denn er macht in gleich mehreren Ämtern Berufspolitik für Ärzte, das heißt, er verhandelt über die Stellschrauben des Gesundheitswesens - zum Beispiel über neue Honorare für Behandlungen von Privatpatienten. Nun kommt eine weitere Position dazu: Am Donnerstag wurde Reinhardt zum neuen Präsidenten der Bundesärztekammer gewählt; das ist ein besonders öffentlichkeitswirksames Amt.

Der Neue folgt auf Frank Ulrich Montgomery, der acht Jahre lang an der Spitze der höchsten Ärzte-Vertretung auf Bundesebene stand. Montgomery war ein lautstarker Präsident, der sich in öffentliche Debatten einmischte und austeilen konnte. Die beiden Männer kennen sich schon lange, Reinhardt ist seit vier Jahren Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer. Nebenbei leitet er den mächtigen Hartmannbund, der als Berufsverband rund 70 000 Ärzte, Zahnärzte und Medizinstudenten vertritt. Und er ist Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe.

Nach seiner Wahl zum Präsidenten betonte er, wie wichtig es sei, dass sich Ärzte organisieren und aktiven Einfluss auf die Gesundheitspolitik nehmen. "Wir dürfen die Selbstverwaltung nicht zur Auftragsverwaltung des Staates verkommen lassen", sagte er. "Die Herausforderungen für unser Gesundheitswesen sind einfach zu groß, als dass wir sie der Politik allein überlassen können."

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war bei der Eröffnung des diesjährigen Ärztetags in Münster für seinen Regierungsstil kritisiert worden. Denn eigentlich werden die Regeln im Gesundheitswesen traditionell von den Experten der Krankenkassen, Ärzten und Kliniken ausgehandelt. Spahn hatte ihnen zuletzt mit verschiedenen Gesetzen Druck gemacht. So entscheiden bei der - in der Ärzteschaft umstrittenen - elektronischen Patientenakte nun nicht mehr Experten allein, wie die Apps und Arztcomputer aussehen sollen. Das bestimmt nun maßgeblich ein Herr vom Gesundheitsministerium. Seit Spahn Minister ist, sollen seine Beamten durchgreifen. Reinhardt sagte nach seiner Wahl, eine der wichtigsten Zukunftsthemen sei die Digitalisierung des Gesundheitswesens. "Am Ende dürfen aber keine Algorithmen über Therapien entscheiden, sondern nur Ärztinnen und Ärzte. Und deshalb dürfen wir keinen Zweifel daran lassen, dass wir als Ärzteschaft diese Veränderungsprozesse aktiv mitgestalten wollen."

Im Wahlkampf um die Präsidentschaft war Reinhardt der erste gewesen, der eine Kandidatur angekündigt hatte. Seine stärkste Konkurrentin war Martina Wenker, die bisherige Vizepräsidentin neben Montgomery. Am Ende hatte Reinhardt, im dritten Wahlgang, nur drei Stimmen mehr als Wenker. Diese hätte, so wie Montgomery, eher die Ärzte vertreten, die in Kliniken arbeiten. Reinhardt steht für die niedergelassenen Kollegen mit eigener Praxis. Vor allem wäre Wenker aber die erste Frau in diesem Amt gewesen. Wohl auch deshalb hatte Reinhardt angekündigt, als Dreierteam mit der Kinderchirurgin Heidrun Gitter und der Hals-Nasen-Ohren-Ärztin Ellen Lundershausen anzutreten. Die beiden Frauen wurden denn auch am Donnerstag als seine Stellvertreterinnen gewählt.

Nach der Wahl begrüßte der deutsche Hausärzteverband eilig, dass nach vielen Jahren erstmals wieder ein Hausarzt an der Spitze der deutschen Ärzteschaft steht. Ein Allgemeinarzt habe schließlich auch für seine Patienten eine "integrative Rolle". Reinhardt hatte Ende 1993 die Praxis seiner Eltern übernommen und führt diese zusammen mit einem Partner. Nach eigener Angabe behandelt er dort heute noch zwei- bis dreimal in der Woche Patienten. In Zukunft dürfte er dafür weniger Zeit haben.

© SZ vom 31.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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