Profil:Josh Groban

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(Foto: John Nacion/STAR MAX/IPx)

Künstlerisches Multitalent und Trump-Kritiker, den die Angst antreibt.

Von Jürgen Schmieder

Es gibt in jeder Schule dieses eine Kind, bei dem wissen Mitschüler, Lehrer und Eltern: Aus dem wird mal was - auch wenn keiner so genau sagen kann, was das sein wird, weil es gar so viele verschiedene Sachen kann. Es ist Kapitän der Leichtathletik-Mannschaft, Mitglied der Theatergruppe und Initiator des politischen Debattierklubs. Dieses Kind weiß selbst, dass ihm die Natur viel zu viele Talente überreicht hat, deshalb geht es später mit Ruhm und Reichtum eher gleichmütig um. Was es rastlos werden lässt, das ist die Sucht nach Herausforderungen, deshalb sagt Josh Groban: "Die Antwort auf ein erfülltes Leben: immer Angst haben."

Groban sieht auch 37 Jahre nach seiner Geburt in Los Angeles aus wie ein Zehntklässler, und wenn er über sich und seine aktuellen Projekte spricht, dann klingt er dabei so gelassen wie ein Schüler, der sagt, dass er an diesem Freitag wieder zum Unterricht muss. Da startet auf dem Streamingportal Netflix die Polizistenserie "The Good Cop" mit Groban in der Hauptrolle, gleichzeitig veröffentlicht er sein neues Album "Bridges", auf dem er gemeinsam mit Sarah McLachlan und Andrea Bocelli in den Sprachen Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch singt und sich irgendwo zwischen Klassik, Pop und Rock bewegt.

Am Abend muss Groban proben, weil er im Herbst gemeinsam mit Indina Menzel auf Nordamerika-Tour gehen wird. Und irgendwann tagsüber, da dürfte er wie beinahe jeden Tag noch einen politischen Kommentar veröffentlichen. Zuletzt sagte er, dass er sich ernsthaft darüber ärgere, kein Wissenschaftler geworden zu sein: "Ich hätte eine Maschine erfunden, mit der man jeden Amerikaner vor Donald Trump schützen kann. Jeder bekäme im Jahr 2016 ein Trump-Überlebenspaket, mit dem er für ein paar Jahre im Wald überleben kann."

Groban ist ein Nachkomme europäischer Immigranten, seine Wurzeln reichen nach Polen, in die Ukraine, nach Norwegen und Deutschland. Er wollte als Kind erst Wissenschaftler oder Tierarzt werden, danach Baseballspieler, später dann doch Sänger und Schauspieler, und wenn er erzählt, wie das passiert ist, dann betont er stets, dass es tatsächlich passiert ist und keinesfalls geplant war. Er besuchte die Künstlerschule Los Angeles County High School for the Arts, und es gehört dort zur Tradition, dass sich Produzenten hin und wieder ein paar Schüler ausleihen, wenn die Stars keine Zeit zum Proben haben - so etwa vor der Verleihung der Grammy Awards im Jahr 1998.

David Foster stellte den 17 Jahre alten Groban neben Céline Dion, er sollte während der Generalprobe den verhinderten italienischen Tenor Andrea Bocelli beim Duett "The Prayer" vertreten. Groban tat das derart formidabel, dass Moderatorin Rosie O'Donnell ihn sogleich in ihre Talkshow einlud. Weil er sich dort so charmant präsentierte, bekam er eine Nebenrolle in der Anwaltsserie "Ally McBeal" und durfte bei der Amtseinführung des kalifornischen Gouverneurs Gray Davis auftreten. Das wiederum führte zum ersten Plattenvertrag. Mittlerweile hat Groban mehr als 30 Millionen Alben verkauft, und er zuckt immer wieder mit den Schultern, wenn er diese Geschichte erzählt.

Es lässt sich nicht definieren, was für ein Sänger er ist, seine Stimme reicht tiefer als die eines Tenors und höher als die eines Baritons. Er will sich nicht festlegen lassen. Über seine Karriere sagt er: "Ich plane nicht besonders viel. Ich mache einfach, was sich gerade gut anfühlt." Das nächste Projekt könne das Drehbuch zu einem Film sein, die Hauptrolle in einem Musical oder etwas ganz anderes. Privat hat Groban, derzeit Single und ohne Kinder, durchaus ehrgeizige Ziele: "Ich will so werden wie mein Vater: Der ging tagsüber arbeiten, dann kam er heim, goss sich ein Glas Scotch ein und half uns bei den Hausaufgaben. Ich habe große Angst davor, das nicht zu schaffen." Keine Sorge: Angst ist für Groban der Schlüssel zum erfüllten Leben.

© SZ vom 21.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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