Profil:Joanne K. Rowling

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Joanne K. Rowling, Schöpferin von acht Harry-Potter-Werken. (Foto: Evan Agostini/AP)

Schöpferin von acht Harry-Potter-Werken und Behüterin ihrer Figuren.

Von Thomas Steinfeld

Ein Sorgenkind ist dieser Held. Doch damit nicht genug: Ein größeres Sorgenkind gibt es nicht in der Literatur für Kinder und Jugendliche. Harry Potter, seit seinem ersten Auftritt im Jahr 1997 einem strengeren Schicksal unterworfen als selbst Parzival, ist das schiere Gegenteil zu Pippi Langstrumpf und allen anderen Kindern der Freiheit und des Übermuts. Seine Erfinderin aber, die Schriftstellerin Joanne K. Rowling, ist ihm gegenüber mehr als nur seine Autorin. Sie behütet ihre Figur, sie kümmert sich um seine Gefährten, als wären sie lebende Gestalten, und sie kann nicht von ihnen lassen: In diesen Tagen hat sie angekündigt, es werde im kommenden Sommer eine Fortsetzung zu den sieben Romanen geben. Es sei ein Theaterstück, handele von Harry Potter und seinem dann schon fast erwachsenen Sohn und trage den Titel: "Harry Potter and The Cursed Child" - wobei Letzteres auf Deutsch sowohl "das verwunschene" als auch "das verfluchte Kind" heißen kann.

Joanne K. Rowling, 1965 in einer Kleinstadt bei Bristol geboren, ist heute die erfolgreichste Schriftstellerin der Welt. Von ihren Büchern wurden in den vergangenen zwei Jahrzehnten fast 400 Millionen Exemplare verkauft. Aber sie muss ein trauriges, in sich gekehrtes Kind gewesen sein, das seinen Trost in Romanen, in der Lebensgeschichte der Bürgerrechtlerin Jessica Mitford und in der Musik der Rockgruppe "The Smiths" suchte - "Heaven knows I'm miserable now" (1984) heißt eines von deren bekanntesten Liedern, "der Himmel weiß, dass es mir elend geht". Und sie hatte gelehrte Interessen. Sie studierte Französisch und Alte Geschichte, sie interessierte sich für klassische Musik, und sie ließ sich später, als alleinstehende Mutter und am Rand des Existenzminimums lebend, zur Lehrerin ausbilden. Vielleicht las sie dabei eines Tages, was der dänische Philosoph Sören Kierkegaard über die Sorge sagte: "Wer sich selbst zur Sorge für den nächsten Tag verurteilt", schrieb er im Jahr 1843, "der hat sich selbst für die ganze Zeit seines Lebens verurteilt." Will sagen: Die Sorge ist eine Lebenshaltung.

Ihre erste Anstellung fand Joanne K. Rowling in den späten Achtzigern im Londoner Büro von Amnesty International. Und sie gab das Sorgen nicht auf, als sich der Erfolg einstellte, wobei ihr soziales Engagement oft Erfahrungen zu spiegeln scheint, die sie selbst machen musste: Sie unterstützt den "Volant Charitable Trust", eine Stiftung zugunsten der Armen, sie engagiert sich zugunsten alleinerziehender Mütter und für die Erforschung der Multiplen Sklerose - ihre Mutter starb an dieser Krankheit. Zur Förderung des Lesens trägt sie ebenfalls bei, nicht nur in Gestalt ihrer Bücher und offensichtlich in Erinnerung daran, wie das Lesen ihr selbst geholfen hat. Harry Potter, so heißt es in den Ankündigungen zum Theaterstück, trete darin als vielbeschäftigter Angestellter, Ehemann und Vater von drei schulpflichtigen Kindern auf. Das sind viele Anlässe, sich Sorgen zu machen.

© SZ vom 12.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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