Profil:Hassanal Bolkiah

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(Foto: dpa)

Der Sultan von Brunei, Verfechter der Scharia, gibt sich plötzlich versöhnlich.

Von Arne Perras

So ein Sultan hat eigentlich alles, was er braucht. Hassanal Bolkiah wohnt in einem Palast mit 1788 Zimmern, sein Fuhrpark umfasst angeblich 5000 Luxuskarossen. Es ist nicht überliefert, ob er angesichts der Autodichte in seinen Garagen noch den Überblick über alle Bentleys, Ferraris und Rolls-Royce bewahrt. Das kleine, dicht bewaldete Reich des Sultans liegt an der Nordwestküste der Insel Borneo, es verdient mit seinen Öl- und Gasreserven Jahr für Jahr Milliarden. Und die 420 000 Untertanen wissen, dass man sich nicht straflos über den Monarchen beklagt. Der Sultan von Brunei ist einer der letzten absolutistischen Monarchen dieser Welt; von Männern wie ihm erzählen ansonsten nur noch die Märchensammlungen.

Nun aber beschäftigt der Sultan vor allem die Menschenrechtler. Seine Kritiker sind alarmiert und geschockt, sie fragen sich: Wozu in aller Welt braucht dieser Monarch ein archaisches Strafrecht? Weshalb vollzieht er den Rückfall in die Barbarei? Schritt für Schritt ließ Bolkiah die Scharia samt drakonischer Körperstrafen einführen. Homosexuellen droht nun die Steinigung, Dieben die Amputation von Armen oder Beinen.

Der Monarch war nicht immer dafür bekannt, sich als oberster islamischer Tugendwächter zu profilieren. Früher galt er als Playboy, was angesichts der verschwenderischen Eskapaden und Skandale seines Bruders Jefri aber schon bald nicht mehr besonders auffiel. Jefri soll Milliarden vergeudet haben, sodass der Reichtum der Familie angeblich stark geschmolzen ist. Dennoch gilt der Sultan, der mit drei Frauen zwölf Kinder hat, immer noch als einer der reichsten Männer der Welt; sein Vermögen wird auf etwa zwanzig Milliarden Dollar geschätzt.

Zu Beginn dieses Jahres sah es nicht so aus, als würden die Scharia-Kritiker den Sultan sonderlich beeindrucken. Er steigerte die Empörung im Ausland sogar noch mit seiner Forderung, man möge bitte Verständnis und Toleranz für seine Schritte aufbringen. Das passte ins bekannte Bild. Westliche Kritik ließ Bolkiah schon früher meistens kalt. "So was wischt er wie Fliegenschiss vom Ärmel", sagte vor ein paar Jahren ein europäischer Diplomat, der sich lange mit dem Sultan beschäftigt hatte.

Nun aber schlägt Bolkiah überraschend mildere Töne an. Zu Beginn des Fastenmonats Ramadan hielt er eine Rede, in der er plötzlich von "Missverständnissen" sprach. Er sicherte außerdem zu, dass mögliche Todesstrafen für Homosexuelle nicht vollstreckt würden. Das klang nach einem ersten Versuch internationaler Schadensbegrenzung. Bolkiah möchte offenbar vermeiden, dass er noch stärker unter Druck gerät.

Gut möglich, dass die Proteste doch nicht spurlos an dem Monarchen vorübergehen. Er hat die Kritik der Staatenwelt womöglich unterschätzt und auch die Proteste, die Berühmtheiten wie George Clooney und Elton John angestoßen haben. Sie rufen zum Boykott von Luxushotels auf, die zum Wirtschaftsimperium des Sultans gehören, darunter das Beverly Hills in Los Angeles, das Plaza Athénée in Paris und das Dorchester in London.

Allerdings ist das Scharia-Recht mit der jüngsten Rede des Sultans nicht abgeschafft. Er hatte es über Jahre vorbereitet und eingeführt und dürfte kaum die Absicht haben, es gleich wieder einzukassieren. Zu Hause will Bolkiah als oberster Wächter des Islam gelten. So hofft er, radikal-islamistischen Gruppen, die künftig vielleicht gegen ihn rebellieren könnten, erst gar keine Angriffsfläche zu bieten.

Bolkiah weiß, dass ihm nennenswerter Widerstand nur aus dem Kreis des politischen Islam erwachsen könnte. Die Ölreserven werden bald schwinden, die goldenen Zeiten könnten in Brunei bald vorbei sein. Dafür wappnet sich Bolkiah offenbar, indem er die Scharia gleich selbst als Zeichen seiner Frömmigkeit vor sich herträgt, um den Ultra-Konservativen entgegenzukommen.

© SZ vom 07.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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