Profil:Gunnar Kilian

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Dem neuen Personalvorstand von VW gelingt eine wundersame Karriere.

Von Thomas Fromm

Bernd Osterloh, der Betriebsratschef von Volkswagen, ist einer der mächtigsten Menschen im Konzern. Einige meinen sogar, der mächtigste. Wie viel von dieser Macht auf das Konto eines anderen Mannes geht, lässt sich nur schwer sagen. Nur so viel: Ohne Gunnar Kilian, einen gelernten Journalisten, der 2006 in der Pressestelle des Konzernbetriebsrats anheuerte und später zum Generalsekretär und Geschäftsführer der Arbeitnehmervertretung aufstieg, wäre der stämmige Osterloh wohl längst nicht so einflussreich geworden wie er ist.

Dass Kilian nun als Nachfolger von Karlheinz Blessing der neue Personalvorstand dieses Weltkonzerns mit seinen mehr als 640 000 Mitarbeitern werden soll und damit der wohl mächtigste Arbeitsdirektor der Republik, sagt sehr viel aus über Volkswagen und sein Betriebsratsbüro. Vor allem aber auch über Kilian.

"Er ist ein begnadeter Politiker vor dem Herrn", sagt jemand, der ihn gut kennt. Ein Stratege und Medienprofi, aber auch einer, der die sehr speziellen Machtstrukturen des Konzerns kennt und weiß, wie er sie am besten einzusetzen hat. Für seinen bisherigen Chef Osterloh, aber auch für sich selbst.

Vom Betriebsratssprecher zum Vorstand mit einem Millionengehalt - so etwas ist selbst in einem per se ungewöhnlichen Konzern wie VW nicht alltäglich. Um diese wundersame Karriere zu verstehen, muss man die Zeit des Gunnar Kilian in drei Phasen unterteilen.

Phase 1: Der Pressesprecher und Büro-Organisator. Es sind die formativen Jahre, in denen die bei VW überlebenswichtigen Kontakte geknüpft und feinen Netzwerke gesponnen werden. Auf der Arbeitnehmerseite, aber auch darüber hinaus weit in das Konzernmanagement hinein. Die zweite Phase beginnt im Sommer 2012, dauert nur ein Jahr und dürfte für die weitere Karriere des 43-Jährigen entscheidend gewesen sein: Überraschend wechselt Kilian in das Salzburger Büro des damaligen VW-Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch - kein Ausflug in die Konzernperipherie, sondern mitten hinein ins Zentrum der Macht. Denn so viel war damals schon klar: Wer so eng an der Seite des Patriarchen arbeiten durfte, und sei es auch nur für ein knappes Jahr, den musste man im Auge behalten in diesem Konzern.

Bevor sich Kilian nach Österreich aufmachte, dankte Osterloh seinem Sprecher noch für "eine tolle und vertrauensvolle Zusammenarbeit". Ein Jahr später war Piëchs neuer Mann wieder zurück in Wolfsburg und wurde dort Generalsekretär des Betriebsratschefs Osterloh. Die Zeit bei Piëch sei "spannend und lehrreich" gewesen, sagte er rückblickend.

Fortan, so beschreibt es ein Insider, seien bei Kilian "die Fäden zusammengelaufen". Komplizierte Strategiebesprechungen, schwierige Arbeitnehmerverhandlungen bis hin zu den delikaten Krisengipfeln der Nutzfahrzeugtöchter MAN und Scania in Schweden - kaum etwas sei nun ohne Kilian gegangen. "Er geht ans Telefon, wenn Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch anruft", heißt es.

Die Arbeitsteilung war klar: Nach außen war Osterloh, der manchmal laute und streitbare Mann mit dem festen Händedruck, der starke Mann. Kilian, der stille Strippenzieher im akkuraten, schwarzen Anzug und weißen Hemd im Hintergrund, war zuständig für die fein ziselierte Diplomatie nach innen und außen.

In einem Konzern, in dem die Arbeitnehmerseite eine außergewöhnlich starke Machtposition hat, verwunderte es kaum, dass der oberste Arbeitnehmervertreter Osterloh selbst schon des Öfteren für den Job des Personalvorstands gehandelt wurde. Dass es nun sein engster Vertrauter, langjähriger Sprecher und Generalsekretär machen soll, zeigt nicht nur, dass der VW-Betriebsrat künftig noch mehr Macht im Konzern beansprucht. Es lässt auch einige andere Schlussfolgerungen zu. Zum Beispiel, dass es nicht schadet, wenn man mal eine Weile in Piëchs Büro gearbeitet hat.

© SZ vom 12.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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