Profil:Gisele Bündchen

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Früheres Top-Model und Aktivistin gegen die Regenwald-Vernichtung.

Von Boris Herrmann

Vermutlich wird Gisele Bündchen die Kettensägen auch nicht aufhalten können. Aber wenn am Amazonas weiterhin pro Minute eine Waldfläche von der Größe zweier Fußballfelder verschwindet und es dort irgendwann mehr Kuhwiesen als Bäume gibt, dann muss sich Bündchen zumindest nicht vorhalten lassen, sie hätte tatenlos zugesehen. Seit sie ihre Laufsteg-Karriere 2015 offiziell beendet hat, entwickelt sich Bündchen zur inoffiziellen Schutzpatronin Amazoniens.

Brasiliens Präsident Michel Temer ist offenbar wild entschlossen, für sein politisches Überleben den Regenwald zu opfern. Mit einer Reihe von Abholz-Dekreten sichert er sich die Loyalität der Agrarlobby und damit seinen Machterhalt. Von der linken Opposition hört man dazu wenig, sie hat andere Sorgen. Aber die Brasilianerin Bündchen, 37, wohnhaft in Manhattan, Boston und Costa Rica (je nach Laune) twittert tapfer gegen den Tod des Urwaldes an. Fast jeden Tag derzeit. Manchmal ruft sie ganz allgemein zum Schutz "unseres Planeten" auf. Mal greift sie Temer direkt an, indem sie seine Politik "eine SCHANDE" nennt. Der Punkt ist: Bündchen hat fast fünf Millionen Follower. Und die kann Temer nicht alle ignorieren. Zumindest in einem Fall stoppte der Präsident auf öffentlichen Druck einen Abholzungsbeschluss. Das entsprechende Veto verkündete er als Antwort auf einen Tweet von Bündchen.

Nach 20 unerhört erfolgreichen Jahren in dem nicht immer schönen Geschäft mit den schönen Frauen kämpft Bündchen jetzt also gegen die schmutzigen Geschäfte im Regenwald. Sie war nie nur ein Top-Model, eher eine sehr gut aussehende Ich-AG. Sie gründete eigene Sandalen- und Unterwäschemarken, investierte in Immobilien, war im Kino zu sehen, mal als Bankräuberin, mal als Moderedakteurin. Und wie jedes globale Unternehmen hat auch die Bündchen AG eine Abteilung für soziale Wohltaten. Sie setzte sich auch schon für Aids-Kranke in Afrika ein und gegen die Kaiserschnitt-Epidemie in Brasilien. Mit dem Football-Star Tom Brady hat sie zwei Kinder, natürlich Hausgeburt, und weil ja alles mit allem zusammenhängt, der Regenwald, das Klima, die Fleischwirtschaft, gibt es bei der Familie Brady-Bündchen praktisch nur Gemüse. Schaden kann es nicht. Er sammelt Titel, sie Titelseiten.

Bevor Bündchen zum bestbezahlten Model der Welt aufstieg, riet man ihr, die Nase operieren zu lassen. Sie sei etwas zu groß geraten. Bündchen erzählt diese Geschichte gerne, um zu belegen, dass ihre Karriere nicht nur auf Schönheit beruht. Große Nasen stehen ja auch für großen Charakter. In einem Dokumentarfilm hat sie einmal öffentlichkeitswirksam geweint, als sie mit einem Flugzeug Amazonien überflog und bis zum Horizont gerodete Felder sah. Nicht nur da sah sie sich dem Vorwurf ausgesetzt, sie betreibe auch Markenpflege. Man kann mit Selbstvermarktung aber sicherlich Schlimmeres anrichten, als dem Regenwald beim Sterben beizustehen.

© SZ vom 11.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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