Profil:Fiona Hill

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Zeugin im Verfahren gegen Donald Trump mit ehrlichem Zorn.

Von Stefan Kornelius

(Foto: BRENDAN SMIALOWSKI/AFP)

Zwei Zeugen stechen in der Impeachment-Woche heraus: Oberstleutnant Alexander Vindman, der in Uniform vor die Abgeordneten trat, und die Russland-Expertin Fiona Hill. Als politische Beamte im Weißen Haus stehen beide für stilles Pflichtbewusstsein und ein Staatsverständnis, in dem kein Platz ist für Mauscheleien und Halbseidenes der Trump'schen Art. Beide repräsentieren einen Mitarbeitertypus im Washingtoner Militär und Diplomatenstab, der schon lange im Stillen gegen diese Präsidentschaft arbeitet. Eine Zeit lang wurden diese Berater "die Erwachsenen im Raum" genannt, deren Aufgabe es sei, den Präsidenten zu kontrollieren.

Als Fiona Hill die Rolle einer der Erwachsenen in Trumps Regierungszentrale übernahm, waren viele ihrer Freunde und Wegbegleiter irritiert. Die 54-jährige Analystin zählt seit vielen Jahren zu den wichtigsten Gesprächspartnerinnen in der US-Hauptstadt, wenn es um die Themen Russland und Sicherheit geht. Sie arbeitete Präsidenten aller Lager loyal zu und hatte ihre intellektuelle Heimat nach der Promotion in Harvard bei der Brookings Institution gefunden, einem eher den Demokraten nahestehenden Thinktank. Brookings bietet wie viele ähnliche Institutionen in Washington dem rotierenden Apparat eine Heimat - mal ist man drin in der Regierung, mal draußen, aber immer gehört man zum Kern der Experten, die kenntnisreich und mit strategischer Weitsicht ihr Fachgebiet vertreten.

Hill ist eine der seltenen Respektspersonen, die von beiden politischen Lagern geschätzt wird. Gleichwohl war die Gemeinde der Berater überrascht, als sie sich nach Trumps Amtsantritt von dessen erstem Sicherheitsberater Flynn anheuern ließ (den Job aber erst nach dessen Rauswurf antrat). Sie begründete das damals mit einer Loyalitätspflicht gegenüber ihrem Land. Außerdem sah sie die Aufgabe, Schaden zu verhindern.

Hill spricht schnell und kantig, was ihrem nordenglischen Akzent geschuldet ist und ihr leicht als Schroffheit ausgelegt wird. Tatsächlich verbirgt sich hinter der kühlen Sachlichkeit unendliche Leidenschaft für ihr Russland und bester trockener Humor, wie er nur in Großbritannien gelernt werden kann. Hill wurde in Bishop Auckland nicht weit von Newcastle geboren. 2002 nahm sie die US-Staatsbürgerschaft an. Im Kongress begann sie ihre Anhörung mit der Schilderung einer Jugend in Armut als Kind eines Bergarbeiters und einer Hebamme. Kampfeswille und Mut wird sie sich in dieser Zeit angeeignet haben; sie erzählte, wie ihr ein Mitschüler während einer Klassenarbeit den Pferdeschwanz angezündet habe. Sie habe das Feuer mit der Hand erstickt und weitergearbeitet. Das Ergebnis: Die Mutter verpasste ihr eine Topf-Frisur wie bei Richard III.

Der Weg aus dem einfachen Bergarbeitermilieu in die Welt der Russland-Experten und ins Weiße Haus ist nicht alltäglich. Hill sagt selbst, dass ihr diese Karriere im klassenbewussten England nicht möglich gewesen wäre. Ihre britische Uneitelkeit und ihre Prinzipienfestigkeit lassen sie heute noch aus der Riege der Berater in Washington hervorstechen. Über Unrecht empört sie sich ungeniert - eine Eigenart, die EU-Botschafter Gordon Sondland als Zeuge vor dem Ausschuss spöttisch schilderte. Hill konterte kühl, "wenn Frauen Zorn zeigen, wird das oft als emotionales Problem abgetan", dabei habe sie allen Grund für Ärger über sein Verhalten gehabt. Für diese Gradlinigkeit erhielt sie Applaus im Netz.

Hill hatte das Weiße Haus bereits im Juni verlassen, wenige Wochen vor dem ominösen Telefonat des Präsidenten mit seinem ukrainischen Kollegen. Freunde hatten Hill schon zu einer früheren Kündigung geraten, besonders als die Verwicklungen Trumps mit Russland keine vernünftige Politik mehr zuließen. Hill wollte den Zeitpunkt aber selbst bestimmen und hielt am Ende länger durch, als die meisten politischen Beamten dieser Regierung.

© SZ vom 23.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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