Profil:Erwin Pröll

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Erwin Pröll: Landeshauptmann in St. Pölten und ewiger Machtmensch. (Foto: Arno Burgi/dpa)

Landeshauptmann in St. Pölten und ewiger Machtmensch in Österreich.

Von Cathrin Kahlweit

Im Frühjahr hatte es eine Weile so ausgesehen, als werde Erwin Pröll, der Landeshauptmann (Ministerpräsident) von Niederösterreich, sein Amt abgeben. Nach 24 Jahren wäre das ja auch keine Schande gewesen. Er hatte die damalige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner als designierte Nachfolgerin ins Land geholt, doch seither ist es still geworden um seine Stellvertreterin. Pröll wolle nun doch weitermachen, heißt es. Er selbst würde öffentlich nie behaupten, dass er unersetzlich sei. Aber das tun zu seiner Freude viele andere. Einige von ihnen, etwa 3000, um genau zu sein, sind als Gratulanten am vergangenen Wochenende zur vorgezogenen Geburtstagsfeier ins Stift Göttweig gekommen. Pröll wird am Heiligen Abend 70.

Die Feierlichkeiten dürften sich, samt weiteren Huldigungen aus Stadt und Land, noch eine Weile hinziehen. Was nur ein Beweis für Prölls Unsterblichkeit ist. Das dürfte nicht nur der ÖVP-Politiker selbst, dem ein phänomenales Selbstbewusstsein nachgesagt wird, als völlig angemessen betrachten. Vermutlich ist es das auch. In einer Zeit, in der die meisten Politiker mehr Hassmails als Wählerstimmen bekommen, ist Pröll eine absolute Ausnahmeerscheinung - nicht nur, weil er als einziger Landeschef noch immer mit absoluter Mehrheit regiert. Pröll ist so mächtig wie vielleicht kein anderer in Österreich. Er kann die meisten politischen Entscheidungen im nahen Wien mit ein paar Telefonaten oder ein paar Strippenziehereien befördern oder verhindern, kann Parteichefs machen und Minister stürzen und kann sich auf ein monolithisches System aus Anhängern und Abhängigen stützen. Meinungspluralismus ist daher in Landespartei und Landespolitik nicht sonderlich ausgeprägt, Widerspruch selten.

Wer sich gegen Pröll stelle, ist immer wieder zu hören, der kriege in Niederösterreich keinen Job, keine Baugenehmigung, ja nicht mal einen Angelschein. Wer ihn einmal auf einem Fest, einer Parteiveranstaltung erlebt hat, spürt fast physisch die Aura von Macht und Energie, die der Weinbauern-Sohn aus Radlbrunn ausstrahlt und die seine Anhänger so lieben. Wer aber einmal mit ihm in einem Zimmer war, versteht auch die Angst, die der studierte Agrarökonom verbreiten kann: Pröll ist raumgreifend und kann in seinem Wechsel aus Charme und Bedrohlichkeit schwachen Seelen den Atem nehmen.

So viel Macht wächst natürlich erst mit den Jahren - und mit dem Erfolg. Zwar hatte Pröll in der ÖVP Niederösterreich mit einer Niederlage angefangen: Er verlor bei seinem ersten Wahlkampf als Spitzenkandidat erst einmal die absolute Mehrheit. Seither jedoch regiert er durch im strukturkonservativen Bundesland. Er hat, mit viel Staatsgeld, Infrastruktur, Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst gepäppelt - und gilt als Macher. Eigentlich hatte Pröll für die ÖVP auch Bundespräsidentenkandidat werden sollen, er zuckte aber zurück. Das Risiko, auf die alten Tage nicht zu siegen, war ihm wohl zu groß.

© SZ vom 20.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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