Profil:Dany Boon

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Dany Boon: Französischer Komiker und Front-National-Gegner. (Foto: AFP)

Komiker und Front-National-Gegner, der den Norden Frankreichs ehrt.

Von Susan Vahabzadeh

In Frankreich passiert immer alles, was wichtig ist, in Paris; das gilt auch fürs Kino. Dass dann ein Film, der in der tiefsten nördlichsten Provinz spielt, die Komödie "Willkommen bei den Sch'tis", 2008 gleich zwanzig Millionen Franzosen ins Kino lockte - damit hatte keiner gerechnet. Der Siegeszug der Sch'tis durch Frankreich und später durch Europa machte den Komiker Dany Boon, Hauptdarsteller, Drehbuchautor und Regisseur in Personalunion, zu einem der teuersten französischen Stars. Er hat damit auch die Region, in der er geboren wurde, den Nord-Pas-de-Calais, über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannt gemacht. Die Gegend ist jetzt wieder im Gespräch, weil dort und im Süden in den Alpes-Maritimes der Front National in der ersten Runde der Regionalwahlen stärkste Kraft geworden ist und die Sozialisten ihre Kandidaten zurückgezogen haben.

Mit "Willkommen bei den Sch'tis" wollte Dany Boon dem Vorurteil vieler Franzosen entgegengetreten, wonach die Strukturschwäche und das schlechte Wetter den Bewohnern des Nord-Pas-de-Calais aufs Gemüt geschlagen hätten. Der Film war seine komische Rache für die Verachtung, die der Rest Frankreichs diesem Landstrich entgegenbrachte. Der Dialekt der "Sch'tis", den Boon sich einst abgewöhnt hatte, wurde in Frankreich zur Mode - selbst in Südfrankreich bedankte man sich damals oft mit einem beherzten "merchi" statt "merci".

Als Postangestellter Antoine bringt Dany Boon seinem zugereisten neuen Chef bei, die Menschen in dieser Gegend zu lieben für ihre Herzlichkeit und Offenheit. Boon lebt inzwischen in London. Davor hatte er in Los Angeles einige Jahre versucht, ein Remake des Sch'tis-Films zu machen. Nach den Wahlen in Frankreich postete er auf Facebook einen offenen Brief an seine Landsleute. Er könne nicht glauben, schreibt er, dass seine Heimatregion "morgen von einer rechtsextremen Partei regiert" werde, jene Gegend, "die ich so liebe und der ich mit meinen Auftritten und Filmen seit 25 Jahren Anerkennung verschaffe, indem ich ihre Toleranz und ihre geistige Offenheit preise, ihren Sinn für Humor, ihre Großzügigkeit und Menschlichkeit".

Er verstehe, schrieb Boon, die Ängste und die Unzufriedenheit. Die Rechten zu wählen, werde da aber nicht helfen. Ich liebe euch, steht am Ende. Der Mann weiß, wie man viele Menschen erreicht - knapp 430 000 Mal wurde unter seinem Brief "gefällt mir" angeklickt in weniger als drei Tagen, 150 000 Mal wurde er geteilt.

Boon ist nur ein Künstlername. Geboren wurde der Komiker 1966 in Armentières als Daniel Hamidou. Seine Mutter stammt aus dem Nord-Pas-de-Calais. Der Vater, einst Moslem, kommt ursprünglich aus Algerien, aus der Kabylei. Boon beschreibt ihn als Atheisten. Er selbst wurde katholisch erzogen, inzwischen ist er, für seine zweite Ehefrau, zum Judentum konvertiert. "Ich war", hat Boon unlängst gesagt, "in meiner eigenen Familie in der Minderheit."

© SZ vom 11.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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