Profil:Cristina Kirchner

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Foto: Marcos Brindicci/Reuters (Foto: Marcos Brindicci)

Einst Präsidentin von Argentinien, nun vor dem Comeback in die Politik.

Von Boris Herrmann

Sicherlich führt die Behauptung zu weit, Cristina Kirchner sei bei ihrem Comeback als Argentinienflagge verkleidet gewesen. Andererseits war der gehäkelte Poncho, mit dem sie die Bühne betrat, wohl nicht von ungefähr himmelblau und weiß. Es kann auch kein Zufall sein, dass sich Kirchner für ihren ersten Wahlkampfauftritt seit dem Ende ihrer Präsidentschaft vor eineinhalb Jahren den 20. Juni aussuchte, den nationalen Feiertag der argentinischen Fahne. Alles war perfekt inszeniert für ihre Kernbotschaft: Ich bin wieder da, die Retterin des Vaterlandes! Gut 50 000 Fans in einem Fußballstadion bei Buenos Aires skandierten dazu minutenlang "Vamos a volver", wir kehren zurück.

Cristina Fernández de Kirchner, 64, dürfte diese Show mit dem guten Gefühl verlassen haben, dass sie immer noch stattliche Arenen füllen und zum Brodeln bringen kann. Wer das schafft, der kann auch Wahlen gewinnen. Kurz vor Meldeschluss am Samstagabend hat Kirchner ihre Kandidatur für die Kongresswahlen im Oktober eingereicht. Sie will Senatorin der Provinz Buenos Aires werden. Zunächst. Denn kaum jemand zweifelt daran, dass hinter diesem Comeback ein Stufenplan steckt, ein Zwischenschritt auf dem Weg zurück in den Präsidentenpalast 2019. Kirchners Rückkehr ist in erster Linie eine Kampfansage an ihren Nachfolger Mauricio Macri.

Es wäre untertrieben zu sagen, dass die beiden sich nicht ausstehen können. Kirchner und Macri haben es Ende 2015 nicht einmal geschafft, eine ordnungsgemäße Übergabe der Insignien (Stab und Schärpe) zu organisieren. Der bizarre Krach dieser beiden Sturköpfe gilt selbst in der politischen Streitkultur Argentiniens als beispiellos. Der wirtschaftsliberale Macri, 58, hat fast sein gesamtes Regierungsprogramm auf die Abwicklung von zwölf Jahren Kirchnerismus aufgebaut, in denen sich das Land mutwillig von den internationalen Finanzmärkten abkapselte.

Kirchner umwirbt nun gezielt die Frustrierten der Macri-Reformen, die vor allem den Börsen gefallen, aber das Leben für viele Argentinier nahezu unerschwinglich gemacht haben. Sie tritt dabei auf wie zu ihren besten Zeiten, als heilige Cristina von Patagonien: streitsüchtig, linkspopulistisch, mütterlich. Soziale Wärme gegen neoliberale Kälte, darauf sollen die Wahlkämpfe aus ihrer Sicht hinauslaufen.

Macri gibt sich, noch, unbeeindruckt. Erstens ist das linke Lager tief gespalten, weil sich die frühere Präsidentin auch mit vielen ehemaligen Weggefährten überworfen hat. Zweitens rollt eine Prozesswelle wegen Korruption auf Kirchner zu. Der Verdacht liegt nahe, dass sie mit dem Senatsposten auch den Schutz der Immunität sucht. Andererseits ist sie gewieft genug, um daraus politisches Kapital zu schlagen, indem sie sich als Opfer einer politisch motivierten Justiz stilisiert. Außerdem taucht nicht ihr Name in den Panama Papers auf, sondern der von Macri. Fest steht: Wenn Kirchner wieder mitmischt, kommt Argentinien nicht zur Ruhe.

© SZ vom 26.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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