Profil:Christian Konrad

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Österreichischer Manager und neuer Flüchtlingskoordinator der Regierung in Wien.

Von Cathrin Kahlweit

Einen "Hoffnungsschimmer" hatte der Wiener Bürgermeister die Bestellung des neuen Flüchtlingskoordinators genannt, und die ganze österreichische Regierung ließ ausrichten, sie stehe hinter ihm. Aber die Hoffnung, welche die Ernennung des früheren Chefs des mächtigen Raiffeisen-Konzerns, Christian Konrad, in Österreich verbreitet hatte, ist mit dem schrecklichen Fund vom Donnerstag schon wieder verflogen: Wenn Schlepper einfach einen Lastwagen voller Flüchtlinge auf einer Autobahn abstellen und die Menschen darin zum Sterben verdammen, dann kann auch der beste Koordinator nur verzweifeln.

Eigentlich hatte die Ernennung des 72-jährigen Konrad ein positives Signal in einer zuletzt chaotischen Situation sein sollen: Weil die Asylpolitik der Wiener Regierung von allen Seiten hart kritisiert wurde, weil die Innenministerin keine Einigung mit den Ländern über genügend Flüchtlingsquartiere zustande bekam und weil die Lebensumstände der Flüchtlinge unter anderem im Erstaufnahmelager Traiskirchen zum Himmel schrien, sollte ein erfahrener Manager her, der alles richtet. Christian Konrad, einer der bestvernetzten und einflussreichsten Wirtschaftsbosse des Landes, schien genau dieser Mann zu sein. Der frühere Generalanwalt des Raiffeisenverbandes, ein passionierter Jäger und Intimus der konservativen Volkspartei, ist ein Hansdampf in allen Gassen, er engagiert sich für so ziemlich alles - von der Renovierung von Kirchen über das Wiener Konzerthaus bis hin zu Obdachlosen.

Nun also Flüchtlinge: Umgehend fuhr Konrad ins niederösterreichische Traiskirchen, wo im Erstaufnahmelager zuletzt Hunderte Menschen im Freien auf dem Boden schliefen, und machte sich "ein Bild". Mehr wollte er erst einmal nicht sagen. Kommende Woche, so ist zu hören, will Konrad am Rande des Europäischen Forums Alpach, einem alljährlich stattfindenden Treffen von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft, an einem Gespräch mit Bürgermeistern und Landespolitikern teilnehmen, um über das Problem der fehlenden Quartiere für Flüchtlinge zu verhandeln.

Seine Berufung hatte aber auch viel Kritik hervorgerufen: Auf diese Weise entledige sich die Regierung ihrer Verantwortung und privatisiere quasi die Flüchtlingspolitik, hieß es. Und es gab auch Vorwürfe gegen Konrad selbst, weil in ihm ein Manager des wohl mächtigsten Konzerns des Landes - wenn auch nur mittelbar - in einer zentralen politischen Frage in den Mittelpunkt rücke. Der Konzern besitze schließlich, so die Skeptiker, auch zahlreiche Medienbeteiligungen im Land - und könne mit diesen die Stimmung maßgeblich beeinflussen.

Konrad hat sich zu alledem nicht geäußert. Er lässt sich lieber von denen, die seine Bestellung zum Flüchtlingskoordinator gut finden, als einen "etwas anderen Sozialarbeiter" rühmen , der unter anderem mit einer Stiftung für rumänische Straßenkinder hilft. Vielleicht ist er also doch der richtige Mann.

© SZ vom 28.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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