Profil:Bobi Wine

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(Foto: afp)

Der Musiker ist eine Ikone für Ugandas Jugend - und wird von den Machthabern gefürchtet.

Von Anna Reuß

Er ist jung, nennt sich "Ghetto-Präsident" und hat die Politik Ugandas erschüttert. Für seine Fans ist der 36-jährige Musiker aus einem Slum der Hauptstadt die Stimme der Jugend des Landes, für den Präsidenten ist Bobi Wine hingegen eine ernste Gefahr. Das wurde dem bekannten Popstar und Parlamentsabgeordneten nun zum Verhängnis.

Vor zwei Wochen wurde er zusammen mit anderen Abgeordneten verhaftet. Sowohl Wine als auch Präsident Yoweri Museveni waren während der Kommunalwahlen in der Stadt Arua unterwegs. Aus einer Menschenmenge flogen Steine auf den Konvoi des Präsidenten. Bei den Zusammenstößen wurde Wines Fahrer von der Polizei erschossen. Kurz vor seiner Festnahme postete Wine noch das Foto von der blutüberströmten Leiche: "Sie dachten, sie hätten mich getroffen."

Die Polizei behauptete, in Wines Hotelzimmer Waffen gefunden zu haben. Zwar wurde die Klage vor einem Militärgericht wegen unerlaubten Waffenbesitzes fallengelassen, doch er kam sofort wieder in Haft: Landesverrat lautete diesmal die Anklage. Seine Anwälte sagen, Soldaten hätten ihn mit Eisenstangen misshandelt. An diesem Montag kam er gegen Kaution frei, vermutlich weil der öffentliche Druck zu groß wurde. Hunderte Musiker hatten in einem offenen Brief gefordert, ihn freizulassen.

In den Tagen nach der Verhaftung protestierten Tausende dagegen. Polizei und Armee setzten Tränengas ein; ugandische Medien berichten von mehreren Toten. Sogar in Nairobi, Hauptstadt des Nachbarlandes Kenia, brachen Proteste aus. Zwar werden Oppositionelle in Uganda regelmäßig unter falschen Anschuldigungen festgenommen, doch mit der willkürlichen Inhaftierung des Musikers zog der Staatsapparat nicht nur die Wut des Volkes auf sich, sondern entlarvte auch, wie tief der Graben zwischen den Generationen verläuft. Die Jugendarbeitslosigkeit in Uganda, wo das Durchschnittsalter 16 Jahre beträgt, ist eine der höchsten Afrikas. Wine kritisiert das offen. Seine Musik nennt er "Edutainment", eine Mischung aus Bildung und Unterhaltung. Darin verbindet er traditionelle ugandische Musik mit Afrobeat und Dancehall.

Als er 2017 seine Kandidatur für die Parlamentswahlen bekannt gab, wollte er nichts weniger als eine Revolution. Er wusste sein Image als Galionsfigur der unzufriedenen urbanen Jugend zu nutzen. Seine Gegner, zwei etablierte Kandidaten, darunter einer der Regierungspartei, hatten keine Chance. Mit 80 Prozent der Stimmen gewann er den Sitz in seinem Wahlbezirk, als Sieger wurde er von Jugendlichen auf Motorrädern eskortiert. Seitdem kritisiert er als Abgeordneter die Dekadenz der politischen Elite. Er rief zum Protest gegen eine Verfassungsänderung auf, die die Altersbeschränkung für Präsidentschaftskandidaten aushebelte.

Uganda träumte nach der Unabhängigkeit von den Briten 1962 von der afrikanischen Renaissance. Viele hofften auf Fortschritt, doch zwei Diktatoren krallten sich über Jahre um jeden Preis an die Macht. Seit 1986 herrscht die Clique um den autoritären Präsidenten Museveni, der einst mit der Waffe in der Hand an die Spitze des Staates kam. Damals war Wine, der als Robert Kyagulanyi Ssentamu in einem Slum von Kampala aufwuchs, noch ein Kind. Viele sind frustriert von der Politik des Präsidenten. Doch auch in seiner fünften Amtszeit denkt er nicht daran abzutreten. Die Korruption, die das Land lähmt, hat Wine oft angeprangert. "Aus Demokratie wurde Heuchelei", so rappt er.

Für Museveni und seine Günstlinge ist der schillernde Oppositionelle eine Bedrohung. Die Zahl seiner Fans wuchs mit jedem Tag der Haft. In den Medien wird er schon als aussichtsreicher Herausforderer des Präsidenten bei den Wahlen 2021 gehandelt. Ausgerechnet die Gewalt, die ihn einschüchtern sollte, nährt nun das Bild von der Legende. War er vor seiner Verhaftung nur ein Held der Jugend, so ist er nun ihre Ikone.

© SZ vom 28.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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